Fahrzeugtest: Lada Niva 1,7i: Made in Russia!
Sie interessieren sich für einen Lada Niva? Dann vergessen Sie zuerst alles, was Sie über Geländewagen wissen, wie sie sich fahren, wie sie zu bedienen sind, welche Qualitätskriterien gelten. Denn: Der Niva ist anders - aber genau das macht seinen Reiz aus ...
2.8.2003

Aktuell 11.1.2009:
Neues Sondermodell Lada Taiga "Pur"


Gesucht: Ein Fahrzeug mit echten Fähigkeiten im Gelände und permanentem Allradantrieb für unter € 13.000,--. Gefunden: Den Lada Niva 1,7i. Der gerade 3,72 m große Wagen mit seinem Preis von € 12.274,-- ist ein echter Hit für Allrad-Einsteiger. Um diesen Preis erhält man einen kompakten, kultigen Offroader - nicht nur mit permanentem Allradantrieb, sondern auch mit Getriebeuntersetzung und sperrbarem Mitteldifferential.

Man ersteht aber auch einen Wagen, der mit seiner Konkurrenz nur schwer zu vergleichen ist. Wir konnten den Wagen - mit dem coolen Safari-Design - eine Woche lang intensiv testen.

Unterwegs mit dem Niva
Hat man Platz genommen und möchte den Wagen starten, wird man zuallererst mit dem einzigen elektronischen Bauteil des Wagens konfrontiert: Die Wegfahrsperre links neben dem Zündschloss, die sich nur mit dem auf dem Schlüsselbund baumelnden Code-Stift deaktivieren lässt. Prinzipiell kein Problem - auch japanische Autos werden derart vor Langfingern geschützt. Das Problem ist, dass sich der Diebstahlsschutz bei abgestelltem Motor nach 30 Sekunden reaktiviert - auch wenn der Zündschlüssel im Schloss bleibt. Also Schlüssel rausziehen, Sperre deaktivieren, Schlüssel rein, starten, wegfahren. Da macht man sich am eben öffnenden Bahnschranken schnell unbeliebt.

Auf der Straße
Hat man diese Hürde überwunden, startet man den Wagen (das Zündschloss befindet sich ebenfalls links) und legt einen Gang ein. Dies fällt durch das sehr kleine, sehr weit am Radkasten stehende Kupplungspedal bei den ersten Versuchen nicht ganz leicht. Der knapp 1,7 Liter große Vierzylinder ist im Stand überraschend leise. Das ändert sich sofort, sobald die 82 Pferdchen den Wagen in Bewegung setzen.

Überraschend flott kommt der Wagen in die Gänge - der Euro-3-Motor dokumentiert seine Arbeit aber auch mit einem kräftigen Arbeitsgeräusch. Ab ca. 50 km/h ist man an das Betriebsgeräusch der Moskauer U-Bahn erinnert. Das Geräusch ist eine Symphonie aus Getriebeheulen und hektischem Verbrennungsgeräusch des Motors. Auch der Fahrtwind gesellt sich ab dieser Geschwindigkeit dominierend zu diesem Konzert. Das ist Autofahren pur - auch weil der Wagen keine Servolenkung hat. Den Wagen zu bewegen, macht aber gerade wegen dieser gewissen "Urigkeit" enormen Spaß.

Der Niva ist kein Wagen für die Autobahn. Lt. Betriebsanleitung erreicht er eine Höchstgeschwindigkeit von 137 km/h - die wir dem Wagen aber nicht angetan haben. Am angenehmsten ist es, den Wagen auf heimischen Landstraßen zwischen 80 und 100 km/h zu bewegen. Dabei begnügt sich der Russe dann auch mit 9,2 Litern Bleifreiem.

Kommt man mit dem Auto in die Stadt, zieht man zwar viele Blicke auf sich und erntet auch manch freundliches Lächeln, das man als Gentleman-Driver natürlich gerne erwidert. Das Lächeln gefriert ein wenig, wenn man an der Zapfsäule ungläubig feststellen muss, dass sich der Niva während 100 Kilometern im verbauten Gebiet 15,4 Liter Sprit genehmigt hat. Die Reichweite - bei 45 Litern Tankinhalt - ist damit auch nicht üppig.

Im Gelände
Seine Stärken spielt der Niva dort aus, wo es keinen Asphalt mehr gibt. Der nur knapp über 1200 kg schwere, extrem kurze und dadurch sehr übersichtliche Wagen ist im Gelände wirklich zu Hause. Dafür sorgen wie schon erwähnt auch der permanente Allradantrieb, die Untersetzung und das sperrbare Mitteldifferenzial - aber auch die sehr gut Achsverschränkung.

Die Karosserie ist mit ihren kurzen Überhängen prädestiniert für den Geländeeinsatz. Und Niva-Spezialisten erzählen ja auch Wunderdinge über die Fähigkeiten des Wagens. Gegen den Einsatz im wirklich schweren Gelände sprechen aber der insgesamt nicht sehr kräftige Motor (128 Nm Drehmoment bei 4000 U/min) und die leider zu lang geratene Untersetzung (1,783:1). Die Vorderräder sind einzeln aufgehängt, hinten gibt es eine Starrachse. Der Niva rollt auf Rädern der Dimension 185/75/R16, alternativ sind 175/80/R16 möglich.

Innenraum
Bei einem Auto der 12000-Euro-Klasse darf man sich keinen Luxus erwarten. So erwartet den Niva-Fahrer im Innenraum auch ein eher karges Ambiente. Alles ist - aber das lieben echte Geländewagenfahrer doch - auf das Notwendigste reduziert. Am Armaturenbrett gibt es neben dem Tacho aber auch einen Drehzahlmesser. Die Bedienhebel und -schalter für Scheibenwischer, Licht, Blinker und Gebläse sind dort, wo man sie als Fahrer "westlicher" Wagen im ersten Gedanken nicht vermutet.

A propos Gebläse: Es schöpft seine Luft aus einem kleinen "Luftauffangkasten" im Motorraum, der direkt über dem Zylinderkopf angebracht ist. In den Innenraum gelangt also prinzipiell vorgeheizte Luft. Gut für die russische Taiga, schlecht für den Sommer im Osten Österreichs ... Bei Hitze hilft also nur, das Gebläse abzustellen, die Fenster zu öffnen und zu hoffen, dass einem der Stau erspart bleibe ...

In der ersten Reihe sitzt man im Niva nicht unbequem, sehr große Fahrer haben aber ein bisschen zu wenig Kniefreiheit. Passagiere in der zweiten Reihe haben nicht allzuviel Platz ... man darf nicht vergessen: Der Wagen ist deutlich unter 4 Meter lang !

Die große Heckklappe ermöglicht einen guten Zugang zum Kofferraum. Dieser ist vernünftig groß und lässt sich durch Umlegen der Heckbank auch noch deutlich vergrößern. Die Heckklappe ist nur mit einem Hebel hinter der Fahrertür zu öffnen.
Im Motorraum, den man über die vorne angeschlagene Motorhaube erreicht, sind auch das Reserverad und der solide Wagenheber untergebracht.

Testfazit
Zugegeben: Das Fazit zum Niva-Test ist eher emotional als rational. Nach 7 Testtagen fiel es uns recht schwer, den Wagen wieder zurück zu geben. Der Wagen entspricht kaum einer Norm - widerspricht gar völlig dem "Zeitgeist" - und gehört einer gefährdeten Spezies, jener der kompromisslosen, echten Geländewagen, an. Gern macht man da Abstriche hinsichtlich des Komforts und der Fahrleistungen - besitzt man doch ein uriges, ursprüngliches, kultiges Geländefahrzeug mit Charakter. Und das Preis-Leistungsverhältnis ist sowieso einmalig. Da vergisst man schnell, dass der Tankdeckel nicht versperrbar ist oder das Gebläse nicht optimal arbeitet.


Einige allgemeine Infos
Über Lada 

Gegen Lada Österreich ist ein Insolvenzverfahren anhängig. Aber keine Angst: Die Marke Lada wird es auch in Hinkunft in Österreich geben. Das österreichische Personal ist inzwischen bei Lada Deutschland beschäftigt, führt das Geschäft hier aber unverändert weiter. Am Lada.Konzern hat sich General Motors beteiligt. Dies ist auch der Grund, warum es bereits Prototypen des Niva-Nachfolgers unter dem Namen "Chevrolet Niva" gibt. Lt. österreichischer Lada-Vertretung wird dieser Wagen aber frühestens 2005 in Serie produziert werden.

"Niva" oder "Taiga"?
Wie heißt der Wagen eigentlich richtig? Niva oder Taiga? Die Antwort ist ganz einfach: In Russland hieß er immer Niva. Den europäischen Importeuren war dieser Name zu wenig "abenteuerlich" - auch weckte er keine Assoziationen zu seiner russischen Herkunft. Darum "erfand" man einfach den "Taiga" - mit dem Nachteil, dass aus Russland alle Fahrzeuge mit dem "Niva"-Logo geliefert wurden - und hierorts eigens Taiga-Aufkleber angebracht werden mussten.

Niva Diesel?
Den Lada Niva gab es ab Werk nie mit einem Diesel-Motor. Der bis vor einigen Jahren erhältliche Selbstzünder erhielt seinen Motor in Italien ... Die Erklärung dafür: In vielen Teilen Russlands - und speziell in den Regionen, wo ein Auto wie der Niva benötigt wird - ist es schlichtweg zu kalt für Dieselfahrzeuge ...

 
 
 
 
 
 
 
 
 

Lada Niva 1,7i:
Daten und Fakten

Abmessungen
Länge / Breite / Höhe: 3720 mm / 1680 mm / 1640 mm

Fahrleistungen
Höchstgeschwindigkeit: 137 km/h
Beschleunigung 0 auf 100 km/h: 19 s
Wendekreis: 11 m

Kraftübertragung
Permanenter Antrieb auf beide Achsen, Einscheiben-Trockenkupplung, 5 Gänge, 2-stufiges Verteilergetriebe (Straße 1,20 Gelände 2,14)

Motor
4 Zylinder, 1,69 Liter Hubraum, 60 kW / 82 PS
BOSCH-Multipoint-Einspritzanlage, Euro-3-Konformität, OHC mit Hydrostößel

Fahrwerk
vorne Einzelradaufhängung mit 4 Querlenkern und Stabilisator
hinten ungeteilte Achse mit 4 Längslenkern und Panhardstab

Bremsen
Zweikreis-Bremssystem, vorne Scheibenbremsen, hinten Trommelbremsen

 
Text und Fotos: gelaendewagen.at
 
Wir danken Lada Österreich
für die Zuverfügungstellung des Testfahrzeuges!





 
(c) allradnews.at & gelaendewagen.at