Bis zum wilden Kaukasus
9.300 Kilometer haben Ulrike und Werner in ihrem Land Rover Defender in 5 Wochen zurück gelegt - und sich ihren Traum von der Reise zum Kaukasus erfüllt ...
03.10.2005
Als Ulrike und ich im Sommer 2004 von der Fähre rollten und estischen Boden betraten, lag da ein komisches Gefühl im Bereich der Magengrube. Die Frage tauchte auf, ob wir Finnland bzw. Skandinavien nicht doch zu früh verlassen haben. Nun standen wir aber hier und waren das erste Mal auf ehemaligem sowjetischen Terrain. Die folgenden Erlebnisse im Baltikum, die Bekanntschaften und das Ganze drum herum waren wohl verantwortlich für die Planung der Reise nach Russland, die hier kurz beschrieben wird.

Grundlegendes:
Es war uns klar, dass es nicht so einfach sein würde wie bisher, wo wir einfach drauf losfuhren und uns erst vor Ort Gedanken machten, was wir unternehmen und wie wir weiter vorgehen werden. Die diversen Visa müssen beschafft werden und Reiseroute ist relativ genau zu planen. Obendrein ist die Sicherheitslage im Kaukasus ständig im Auge zu behalten.

Die Erlangung eines Visa für die Ukraine wäre relativ einfach gewesen, doch im letzten Moment hat Wiktor Juschtschenko für EU-Bürger die Visa-Pflicht komplett aufgehoben. Da man auch keine Zusatzversicherung benötigt, der Führerschein, Zulassungspapiere und auch die grüne Versicherungskarte akzeptiert werden, ist die Ukraine für künftige Reisen unproblematisch. Auch eine Registrierung im Land ist für Touristen bis zu einer Aufenthaltsdauer von bis zu 3 Monaten nicht notwendig. Bei der Einreise ist lediglich ein Einreise- bzw. Ausreiseformular auszufüllen. Bei der Spalte der Aufenthaltsadresse genügt es voll und ganz wenn man „Gaststätte“ (auf Ukrainisch) und den jeweiligen Ort wie etwa „Гостиница Одеса“ (gostiniza Odessa) einträgt. „Transit“ sollte man nicht rein schreiben, da dies dann lediglich zum Aufenthalt von bis zu 5 Tagen berechtigt.

Für die russische Föderation ist nach wie vor ein Visum erforderlich. Um ein solches zu erlangen benötigt man entweder eine Einladung oder eine Buchungsbestätigung eines Reisebüros. Es gibt Reisebüros, die auch eine Einladung besorgen können. Diese kostet dann meist um die € 50.- Es ist erforderlich, dass man in der Einladung (Voucher) Name, Geburtsdatum, Reisepassdaten, Marschroute und gegebenenfalls Marke, Type und Kennzeichen des Fahrzeuges einträgt. Für den Aufenthalt in Russland bzw. dem Visaantrag ist eine Reiseversicherung die man als ÖAMTC Clubmitglied kostenlos erhält von Nöten. Die Ausstellungsdauer schwankt je nach Kosten zwischen einem Tag und vierzehn Tagen. Das Botschaftspersonal ist ausgesprochen freundlich. Weiters ist es erforderlich, dass man sich beim ÖAMTC einen internationalen Führerschein ausstellen lässt.

Beim Grenzübertritt muss man das Fahrzeug deklarieren lassen und eine KFZ-Versicherung für den Zeitraum des Aufenthaltes abschließen. Ohne kommt man keine 10 Kilometer weit.

In Russland wird man vor allem als Tourist häufig zu Kontrollen angehalten. Meist geschieht dies bei den ДПС Stationen die oft an Stadtein- oder ausfahrten aufgestellt sind. Die Polizisten sind sehr höflich, freundlich und korrekt. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man ihnen gleich nach der Anhaltung sämtliche Dokumente wie nationalen und internationalen Führerschein, Versicherungsnachweis und nationalen Zulassungsschein, Reisepass, alte Rundfunkbewilligung (die man natürlich nicht benötigt) und ein UKW Funkzeugnis (meines ist natürlich nur für die Schifffahrt gültig) nach und nach in die Hand drückt. Es schien so, als ob sie dann überfordert wären und sie beenden die Kontrolle recht rasch. Natürlich werden kleine Geschenke wie Zigaretten oder ein Bierchen gerne angenommen. Man darf nicht vergessen, dass die Beamten umgerechnet nur an die € 200.- im Monat verdienen. Ach ja, Geld! Das Einführen von hohen Geldbeträgen ist unnötig. In der Ukraine und auch in Russland gibt es genug Geldautomaten. Kreditkarten werden nur selten akzeptiert.

Für genaue Auskünfte aller erforderlichen Schritte und Maßnahmen stehe ich via Email gerne zur Verfügung.

Aber nun zur Reise:

Dass wir nicht für eine Woche nach Kroatien fuhren, merkte ich gleich beim Packen. Eigentlich hätte ich schon eine Woche vor Reiseantritt in Urlaub gehen sollen, denn an alle etwaigen Vorfälle musste gedacht werden. Alle möglichen Filter, Keilriemen, Bremsklötze und dergleichen wurden besorgt und verstaut. Wohl am Limit der Nutzlast fuhren wir am 20.08.2005 um 05.30 Uhr von Wien los. Auf der Autobahn ist man bald in Budapest und von dort weg geht es weiter auf der M3 nach Osten. In einem unserer schlauen Bücher steht, dass man nicht am späten Nachmittag oder gar in den Abendstunden die Grenze passieren soll. Im Nachhinein betrachtet – völliger Schwachsinn. Da wir das aber zuvor nicht genau wussten, nächtigten wir ca. 50 Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt an einem Campingplatz. Dies sollte der letzte Campingplatz für über 5 Wochen sein, der noch so halbwegs westlichem Standard entsprach.


Tag 2
Früh am Morgen krochen wir aus dem Dachzelt, wischten den Tau vom Selbigen und versorgten alles. Wir wollten recht früh zur Grenze kommen, da wir mit einer langen Wartezeit rechneten.

Um 08.00 Uhr standen wir an der Grenze Vasarosnameny/Берегове und da war es wieder, das selbe mulmige Gefühl in der Bauchgegend wie vor einem Jahr in Tallinn. Nur 20 Autos standen vor uns und ein Beamter in Tarnuniform händigte uns einen Zettel aus und sagte nur „Ausfüllen“. Nun, der Zettel war sowohl auf ukrainisch als auch auf englisch beschriftet. Dieser Ein- und Ausreisezettel ist offenbar außerordentlich wichtig. Sollte man die eine Hälfte während des Aufenthaltes verlieren, so sagte man mir große Schwierigkeiten voraus. Natürlich wurde der Wagen von oben bis unten begutachtet und man wollte auch das Innere erkunden. Irgendwann, ich weiß nicht mehr wie, wurde bekannt, dass auch ich ein Polizist bin und somit war die Kontrolle auch schon beendet. Keine halbe Stunde verging vom Erreichen bis zum Passieren der Grenze. Hier zeigte sich bereits, wie zuvorkommend und freundlich die ganz in blau bekleideten Beamten sind. Und das Gefühl in der Magengrube war weg.

Man wünschte uns eine gute Reise – und eine solche sollte es auch werden. Ach ja, eine Stunde galt es die Uhr nach vor zu stellen. Hier gilt die osteuropäische Zeit. Das erste Ziel waren die Karpaten. Erstaunlicherweise war mein Garmin 12CX mit allen Dörfern in der Ukraine gespeist. Zu Hause erkennt er mir gerade noch Leibnitz oder Deutschlandsberg und hier weiß er auf einmal wo Шаланки liegt. Egal - trotzdem hatten wir uns gleich in der ersten kleinen Stadt verfahren. Interessanterweise sind die Straßen im Ortsgebiet bedeutend schlechter als die Überlandstraßen. Im Allgemeinen war ich über den recht guten Straßenzustand in der Ukraine sehr überrascht. Es kommt aber schon vor, dass man nach einem kurzen Regenfall durch Wasserlacken fährt, die an den halben Meter tief sind.

Das Leben in den Dörfern ist noch sehr ländlich geprägt. Die Ortschaften strahlen trotz so mancher Bauruine eine angenehme Ruhe aus. Die Menschen sind sehr offen und bieten, so man den Eindruck von Ratlosigkeit macht, von sich aus gerne ihre Hilfe an. Der Weg zu den Karpaten führte uns zunächst entlang der rumänischen Grenze, vorbei am Mittelpunkt Europas und schließlich in die grüne, bergige Landschaft der Karpaten.

Die erste Nacht wurde am Oberlauf der Prut verbracht, der weiter unten zu einer Binnenschifffahrtsstraße wird. Hier wurde wild campiert, da es in der Ukraine so gut wie keine Campingplätze gibt. Wildes Campieren ist übrigens offiziell gestattet. Der Platz hier am Bach (GPS Daten aller von uns aufgesuchten Nächtigungsplätze werden an interessierte Reisende gerne weitergegeben) wird auch von heimischen Campern genutzt. So kommt man bald mit Händen und Füßen ins Gespräch und sitzt am Abend im Kreis und trinkt Wodka mit Honig. Zugegeben – ein wenig Russisch sollte man schon sprechen – natürlich geht es auch ohne, aber dann verläuft die Verständigung etwas schwieriger. Kaum jemand spricht Englisch oder gar Deutsch. Erst gegen Mitternacht war es dann möglich im Dachzelt die Augen zu schließen und ein wenig zu schlafen.


Tag 3
Am Morgen zeigte sich das Wetter von seiner besten Seite. Am Abend zuvor wurden wir mit Geschenken wie ukrainischem Honig und selbstgebrautem Bier (14% Vol.) eingedeckt, die nun ihren Platz im Wagen suchten. Ich hoffe, dass der gute steirische Schilcher welcher als Gegengeschenk überreicht wurde, sie nicht umhaut. Wir gingen es gemütlich an und frühstückten in aller Ruhe neben dem rauschenden Bach. Es wurde 10.00 Uhr bis wir vom Platz weg fuhren.

In Яаремча(Yaremcha) machten wir den ersten Kontakt mit einer ukrainischen Tankstelle. Ein großer Teil aller Tankstellen ist auf westlichem Standard. Auch die Qualität des Diesels ist nicht schlechter als bei uns, jedoch liegt der Preis bei ca. 50 Cent und da macht das Tanken wieder Spaß. An Коломия(Kolomyia) und Чернівці(Czernowitz) vorbei ging die Fahrt weiter bis nach Хотин(Khotyn). Dort findet man an der Dnister eine wunderschöne Burganlage, die in einem hügeligen Gelände eingebettet ist. Man stößt auf zahlreiche Fotomotive stoßen.

Gut 2,5 Stunden verbrachten wird dort und übersetzen danach auf der Straßenbrücke die Dnister. Auf gut Glück bogen wir nach einigen Kilometern nach rechts ab und fuhren auf Kolchosewegen in Richtung Südosten. So gelangten wir an ein flaches Stück Dnisterufer wo das Campieren geradezu ideal ist. Die Dnister schlängelt sich in diesem Bereich durch die Hügel und hat im Laufe der Zeit richtige Canyons hinterlassen. Mit all dem Grün eine grandiose Kulisse. Kuhherden werden von Hirten über die Weiden getrieben und Fischer sitzen in ihren Booten und kontrollieren ihre Netze. Einen schöneren Platz zum Campieren, so waren wir uns sicher, gibt es wohl kaum.


Tag 4
Trotz des überwältigenden Platzes fuhren wir nach dem Frühstück weiter. Doch wir beschlossen die kommende Nacht wieder an der Dnister zu verbringen. So fuhren wir auf Feldwegen entlang der Dnister. Mussten aber beim ersten Zufluss großräumig ausweichen. Wir fuhren an den riesigen Äckern vorbei und bemerkten erstmals die berühmte schwarze Erde von der so oft gesprochen wird. Zahlreiche Bauern sind mit der Ernte beschäftigt und winken uns von Zeit zu Zeit zu.

Bereits am frühen Nachmittag war unser heutiges Ziel erreicht. Wieder am Ufer der breiten Dnister bei Стара Ушиця(Stara Ushytsia) wurde das Lager aufgeschlagen. Und dann zu meiner Freude auch noch neben einem kleinen Schiffswrack. Natürlich wurde das Selbige genau begutachtet, sowohl von Außen als auch von Innen. Und auf Grund der Bauart schloss ich daraus, dass die Dnister wohl nicht allzu tief sein kann. Eine ausgedehnte Nachmittagsjause war Pflicht und bei leicht bewölktem Himmel und warmen Temperaturen genau richtig um mit einem guten Buch (So weit die Füße tragen von Josef Martin Bauer) zu beginnen. Am Abend setzte ein leichter Regen ein. War aber nicht weiter schlimm. Für solche Fälle sind wir ja gerüstet. Es gab ein gutes Abendessen und da ich ja bekennender Warmduscher bin, eine heiße Dusche von der selbst eingebauten Duschanlage.


Tag 5
Dachzelte sind schon eine feine Sache. Doch wenn es regnet und die Außenhaut nass ist, muss man diese so halbwegs trocken bekommen, sonst ist nach dem Zusammenklappen auch innen bald alles feucht. Aber im Trocknen sind wir seit Jahren schon ganz gut. Nach schweren Regenfällen stelle ich schon mal eine Stunde lang die Gaslampe in das Zelt. Das funktioniert ganz gut.

Heute wollten wir Kilometer fressen und auf Nebenstraßen in Richtung Krim fahren. Es war stark bewölkt und die Temperaturen lagen um die 16 Grad - ideal um einen Tag im Auto zu verbringen, dass nicht mit einer Klimaanlage ausgestattet ist. Natürlich könnte man auf der M12 und dann auf der M23 in Richtung Süden fahren. Aber auf den Nebenstraßen kommt man durch viele Dörfer und auch den Wechsel der Landschaften bekommt man viel besser mit, zumal man auf vielen Abschnitten eigentlich Offroad unterwegs ist. Den ganzen Vormittag über regnete es von Zeit zu Zeit. Am Nachmittag wurde das Wetter freundlicher. Erst am frühen Abend waren wir am vorläufigen Ziel. Bei Олександрівка(Oleksandrivka) an der Buh wurde wieder ein ausgezeichneter Lagerplatz für die Nacht gefunden. Bei herrlichem Sonnenuntergang wurde gut gekocht und nach der doch recht anstrengenden Fahrt noch viel besser geschlafen.


Tag 6
Bereits 1980 Kilometer haben wir zurückgelegt und um 09.00 Uhr fuhren wir weiter in Richtung Krim. Nun fuhren wir aber auf der M23 weiter. So passierten wir bald Миколаїв(Mykolaiv) und in Херсон(Kherson) übersetzten wir die Dnipro. Ab hier findet man entlang der Straße riesige Märkte, die Obst und Gemüse feilbieten. Uns waren aber die alten Damen viel lieber, die ihr eigenes im Garten aufgezogenes und Mangels Geld ungespritztes Obst und Gemüse anboten. Wenn man die Flächen sieht auf denen Paradeiser oder Paprika gedeihen, kommt man ins staunen.

2560 Kilometer hatten wir am späten Nachmittag zurückgelegt und standen nun bei Алушта(Alushta) am Schwarzen Meer. Auf unserer Karte waren östlich ein paar Campingplätze eingezeichnet. Nun, wir haben sie gefunden, aber besser ist es wild zu campieren. Dazu später mehr. Wir waren allerdings auf einem ausgeschilderten Campingplatz der nur einen Spot kostet. Dafür kann man sich aber auch nur vormittags zw. 09.00 und 10.00 Uhr duschen.


Tag 7
Wenn man auf der Krim ist, muss man natürlich nach Jalta. Ich möchte behaupten, dass ich den touristischen Teil der Krim, sprich Jalta, Sevastopol und wie die Ortschaften auch heißen mögen nicht so aufregend fand. Es sind Touristenorte wie Lignano oder Jesolo. Nur findet man hier keine Wiener Hausmeister oder Unmengen von deutschen Touristen, sondern Russen, Ukrainer und noch mehr Russen. Natürlich sieht man auch Menschen, die richtig dickes Geld haben. Die Umgebung hier unten ist freilich schöner als die italienische Adriaküste, den überall findet man Steilküsten und das Krimgebirge mit seinen dichten Wäldern rahmt die Küste schützend ein.

Wir waren bei der Zarenresidenz und auch das Schwalbennest wurde besichtig. Auch die Passstraße nach Бахчисарай(Bakhchyarai) wurde bis zur höchsten Stelle von über 1240 Metern befahren. Von dort muss der Blick über die ganze Küste traumhaft sein, sofern nicht dichter Dunst, was bei uns der Fall war, dies verhindert. Am Nachmittag wurde in Алушта(Alushta) ein Campingplatz gefunden, welchen ich jedoch empfehlen kann.

An diesem Abend wurde nicht gekocht, da beim platzeigenem Restaurant ein ausgezeichneter Schaschlik zwischen die Zähne kam. Die Betreiber der Anlage, ein gebürtiger Weißrusse und dessen Gattin aus der Ukraine waren ausgesprochen nett und auch die sanitären Anlagen waren gepflegt, was ja eher unüblich ist.


Tag 8
Wie schon oben erwähnt wurde, haben wir es mit dem Massentourismus nicht so und fuhren deshalb die Küste in Richtung Osten weiter. Man kommt nur langsam voran, aber die Landschaft ist wirklich schön. Nachdem wir uns wieder mit frischem Proviant eingedeckt haben, gelangten wird 3 Stunden später ca. 20 Kilometer vor Feodosiia bei Koktebel an. Auch hier gibt es einen Campingplatz und wir wollten ein paar Tage baden. Daher entschlossen wir, zwei Tage auf diesem Platz zu verweilen. Gleich bei der Einfahrt zum Campinglatz wurde für zwei Nächte bezahlt. Natürlich gibt es auch hier Touristen aber bei weitem weniger als in der Gegend um Jalta. Aber die Häusl’n! Leute, ihr könnt euch nicht vorstellen wie die WC’s dort aussehen. Daher möchte ich sie auch nicht näher beschreiben. Aber der Strand und vor allem das Wasser ist herrlich. Da wir Zeit hatten wurde auch anständig gekocht. Wer hat schon mal gefüllte Paprika in Paradeissoße beim Campen zubereitet? Nein, nicht aus der Dose sondern mit lauter frischen Zutaten. Nach dem Essen streiften wir auf der Promenade ein wenig auf und ab, kosteten den extrem süßen Wein und waren auch sonst recht vergnügt.


Tag 9
Man kann bei der Hitze nicht den ganzen Tag am Strand verbringen. So haben wir das Badevergnügen auf den frühen Vormittag und den Nachmittag beschränkt. Die restliche Zeit wurde mit Lesen und einem kleinen Spaziergang verbracht.

Dabei wurde der nächste Lagerplatz gefunden. Abseits des Ortes, inmitten der wunderbaren Küstenlandschaft gibt es zahlreiche gute Lagerplätze. Nach der Erfrischung im Meer gingen wir in ein Restaurant. In diesem Eck der Krim ist es üblich auf Divan’s und niedrigen Tischen das Essen einzunehmen. Macht Spaß im Liegen zu essen. Aber die Speisekarte zu entziffern ist recht mühsam. Wenn ihr glaubt, dass dort auch ein englisches Wort vorkommt, dann täuscht ihr euch. Ich spreche zwar ein wenig russisch, aber bei der Speisekarte hatte ich riesige Probleme.


Tag 10
Gleich nach dem Frühstück wurde das Lager abgebrochen. Dabei wurde unser Vehikel nicht zum ersten Mal als Kulisse für diverse Fotos verwendet. Alle möglichen Jungs und Mädels haben sich davor positioniert, aber jedes Mal um Erlaubnis gebeten. Nach wenigen Minuten waren wir an dem Platz, den wir einen Tag zuvor ausgekundschaftet hatten. Hier war es angenehm ruhig. Nur den Wind und das Rauschen des Meeres konnte man hören. Auch dies wurde ein Tag zum Ausspannen. Am Abend wie üblich, die Große Küche.


Tag 11
Die Fahrt ging weiter in Richtung Osten. Das heutige Ziel war der kleine Nationalpark im Südosten der Halbinsel. Hier kann man auf zahllosen Feldwegen herrliche Softtouren unternehmen. Die ganze Gegend ist nahezu menschenleer und der Strand glänzt gelborange in der Sonne. Für uns war es nicht verständlich warum hier, wo die Krim am Schönsten ist, niemand sein wollte.

Die Landschaft gleicht der afrikanischen Savanne. Hier und da liegt ein Salzsee zwischen den Hügeln eingebettet und Falken durchschneiden die Luft auf der Suche nach Fressbarem.


Tag 12
Bereits um 08.00 Uhr heizte die Sonne das Zelt so auf, dass wir freiwillig aufstanden. Einen kleinen Nachteil hat die Gegend. Es gibt sehr viele Mücken. Für alle deutschen Leser – Mücken sind bei uns in Österreich kleine Fliegen, die kein Blut saugen. Das was bei euch in Deutschland Mücken sind, nennen wir Gelsen.

Nach dem Frühstück fuhren wir wieder ein wenig am Strand entlang. Schließlich ging es weiter nach Керч/Kerch. Dort suchten wir den Hafen, von wo uns am nächsten Tag eine Fähre nach Russland bringen soll. Der Hafen (Port Krim) war bald gefunden. Dieser liegt gut 5 Kilometer nordöstlich von der Stadt. Die Dame vom Kartenschalter war mit mir völlig überfordert. So brauchten wir über 15 Minuten bis ich erfuhr wann die Fähre ablegt und was die Überfuhr kostet. In Kerch haben wir uns noch mit Trinkwasser eingedeckt und auch noch etwas Geld vom Bankomat besorgt. Danach ging es in Richtung Asowsches Meer.

Die Nacht sollte unbedingt am Strand verbracht werden. Wir hielten uns zunächst nach Westen und dann nach Norden. Da die Feldwege irgendwann aufhörten, suchten wir uns den Weg eben durch die Steppe. Nach einigen Kilometern und ebenso vielen schwierigen Passagen gelangten wir dann zum Meer. Auch hier ist es menschenleer. Ideal für das Nachtlager. Da durch die trockenen Wege eine Menge Staub ins Wageninnere gelangte, machte sich Ulrike mit einem Tuch ans Werk. Sauberkeit muss eben sein.


Tag 13
Um 05.00 Uhr läutete der Wecker. Die Fähre legt schließlich um 07.30 Uhr in Kerch ab. Und da ja mit Wartezeit zu rechnen ist, muss eben ein gewisser Zeitpolster mit eingerechnet werden. Kurz nach 06.00 waren wir im Hafen. Für 162 Griwna wurden die Karten gekauft und der Wagen auf der richtigen Spur platziert.

Die Ausreise war kein Problem. Die Kontrolle nur oberflächlich. Die Fähre war nur mäßig ausgelastet. Knapp 20 Fahrzeuge waren mit uns auf dem Weg nach Russland. Die Überfahrt dauert ungefähr 45 Minuten. Dabei überquert man die Straße von Kerch. Dies ist ein Korridor für Hochseeschiffe, die hier vom Schwarzen Meer ins Asowsche Meer und zurück fahren. Gut zwei dutzend Container- und Tankschiffe liegen hier vor Anker und warten in der einbahngeführten Straße die Durchfahrt ab. Beim Verlassen der Fähre wurden wir gleich von einer russischen Grenzbeamtin mit einem Formular begrüßt. Dies ist ähnlich ausgeführt wie das ukrainische Ein- und Ausreiseformular. Wir wurden als Letzte gereiht. Vermutlich wussten sie schon vorweg, dass es bei uns länger dauern wird. Glücklicherweise gab es auf dem Posten Volodin, ein russischer Grenzbeamter höheren Ranges, der ein wenig Deutsch spricht. Ansonsten würden wir heute noch dort stehen und die Formulare für die Autoversicherung und der nötigen Registrierung, die ausschließlich in russischer Sprache ausgeführt sind, ausfüllen. Aber auch hier waren alle Beamten ausgesprochen hilfsbereit und freundlich. Die KFZ-Versicherung für 14 Tage kostet knapp 1000 Rubel (ca. 35 Euro).

Keine 10 Kilometer nach dem Grenzposten wurden wir bei der ersten ДПС Station angehalten. Alle Dokumente wurden erneut überprüft und für in Ordnung befunden. Wir setzten die Fahrt nach Anapa fort. Auf dieser Strecke fährt man durch riesige Weinanbaufelder. Unglaublich in welcher Dimension hier Weintrauben geerntet werden.

Einer unserer Reiseführer (Die russische Schwarzmeerküste) beschrieb eine heilige Quelle südlich von Anapa. Schließlich hat ja meine liebe Ulrike schon ihre Diplomarbeit dem Thema Wasser widmete wurde natürlich diese Quelle aufgesucht. Da die Wegbeschreibung so unklug wie nur möglich verfasst wurde, dauerte es schon eine halbe Stunde ehe wir die Quelle zu Gesicht bekamen. Doch es hat sich gelohnt – die Wasserqualität ist wirklich außergewöhnlich gut. Hier wo das Kaukasusgebirge ausläuft und quasi ins Meer fällt, gibt es das beste Wasser, welches wir seit langem getrunken haben. In unseren Wassertanks hatten gut hundert Liter Platz.

Mittlerweile war es Mittag geworden und wir wollten noch bis Tuapse kommen. In Novorossiysk waren wir bald. Novorossiysk ist eine typische vom Sowjetregime aufgebaute Stadt die dem Auge nichts bieten kann, außer einem Industriehafen und einen abenteuerlichen Straßenverkehr, der mir nur beim Gedanken daran die Schweißperlen auf die Stirn treibt.

Bis Tuapse ist die Küstenstraße recht zügig befahrbar. Mit einigen Stopps waren wir so gegen 17.00 Uhr in Tuapse. Hier wollten wir einen Campingplatz finden. Doch es gab keinen. Jedoch bemerkten wir hier auf Grund einer riesigen Uhr, dass wir unsere Uhren um noch eine Stunde nach vor stellen müssen. Also hatten wir schon die zweite Zeitzone überschritten und es war bereits 18.00 Uhr. In unserem Führer war jedoch keine 25 Kilometer nordwestlich von Tuapse, ein richtiger Campingplatz beschrieben. Da die Wegbeschreibung wieder nur für jene verfasst wurde, die ohnedies schon wissen wo der Platz liegt, mussten die Einheimischen nach dem Weg befragt werden. Furte mussten passiert werden und erst nach einiger Zeit konnten wir inmitten einer Waldlandschaft den beschriebenen Platz finden. Hier war niemand. Er machte einen verlassenen Eindruck. Es gab aber ein Plumpsklo und auch sonst waren wir voll zufrieden. Irgendwann in den Abendstunden kam so eine Art Förster vorbei. Dieser war recht verwundert, dass er uns hier vorfand. Nach einem Bier hatte er nichts mehr dagegen, dass wir hier nächtigten. Aber die lieben Gelsen freuten sich noch viel mehr.


Tag 14
Die Gegend in der wir die Nacht verbrachten kann mit einigen Besonderheiten aufwarten. Ähnlich wie in Stonehenge gibt es auch an der Schwarzmeerküste den Megalithenkult. Unweit des Lagerplatzes gab es einen Steinhaufen dessen Bedeutung und Wertigkeit (laut Reiseführer) jener von Stonehenge gleichzusetzen ist. Aber auch diesen Haufen haben wir nur durch Glück gefunden und nicht weil er im Führer so gut beschrieben war.
Wir fuhren dann in Richtung Sochi weiter. Dabei besichtigten wir noch einen Dolmen. Die Straße wird, je weiter südlich wir fahren, immer kurviger und auf Grund der langsamen LKW’s braucht man für 100 Kilometer gute 2 Stunden. Bei der Einfahrt nach Sochi stand am Straßenrand ein Wagen mit einem Werbeschild für Zimmer und Ferienhäuser an dem aber auch ein Zeltplatz aufgemalt war. Mit der Dame, die im Auto saß, wurde gleich Rücksprache gehalten. Jedoch mussten wir erfahren, dass es in ganz Sochi so etwas wie einen Campingplatz nicht gibt. Als sie aber den Blick über unser Auto schweifen lies, bemerkte sie das steirische Wappen auf unserem Kennzeichen. Da sie selbst hauptberuflich für die Grazer Wechselseitige Versicherung arbeitet, nahm sie gleich an, dass auch wir dort angestellt wären und telefonierte mit einem ihrer Kollegen, der ein Haus am Meer mit einem geeigneten Grundstück hat.

Sascha, ihr Kollege, war wenige Minuten später mit seinem Wagen bei uns. Der Irrtum wurde aber gleich aufgeklärt. Aber die Tatsache, dass wir Steirer sind, hat schon für die Einladung gereicht. Sascha geleitete uns zu seiner Datscha, die nur einen Steinwurf vom Meer entfernt ist. Mit großer Freude stellte er uns sein Grundstück zum Campieren zur Verfügung. Er machte uns auch noch mit seinen Nachbarn bekannt die aus allen Ecken Russlands hier her nach Sochi kamen um ihren Sommer hier zu verbringen. Am Abend machte er dann auch noch eine Stadtrundfahrt mit uns und wir bekamen alles Sehenswerte dieser Stadt zu gesicht. Diesmal haben wir nicht selber gekocht sondern gingen in Sochi aus.


Tag 15
Am Morgen bedanken wir uns bei Sascha. Geld hätte er unmöglich angenommen, daher überreichten wir ihm eine kleine Flasche Kürbiskernöl aus unserer Heimat. Heute stand die Besichtigung Sochi’s am Programm. Selbstverständlich wurden wir von der ДПС angehalten und kontrolliert. Abstellplätze sind in Sochi recht günstig. Wir machten uns zu Fuß auf dem Weg durch die Stadt. Vorbei an Parkanlagen und den Prunkbauten bis zum Botanischen Garten. Den Weg zurück gingen wir über die Strandmeile. Nach einem anstrengenden Tag fuhren wir aus der Stadt heraus und es ging weiter in Richtung Georgien. Bei Adler fuhren wir die Straße in Richtung Krasnaya Polyana. Und siehe da, keine 10 Kilometer nach Adler gibt es am Fluß einen Campingplatz. 150 Rubel für die Nacht wurden bezahlt und ein schönes Plätzchen wurde bezogen. Es wurde gut gekocht und ein schönes Lagerfeuer für die Bratkartoffel entfacht.


Tag 16
Gleich nach dem Frühstück fuhren wir hoch nach Krasnaya Polyana. Hier gelangt man mit der Seilbahn auf über 2000 Meter. Die Fahrt dauert eine Stunde und man steigt dreimal um. Das Wetter war eher schlecht – stark bewölkt und etwas kühl. Wir waren mit entsprechender Kleidung und Bergschuhen ausgerüstet, da wir ja auch am Grad des Berges entlang gehen wollten. Doch als wir sahen, wie die Russinnen den Berg hochfuhren, trauten wir unseren Augen nicht. Minis, Stöckelschuhe und ein enges Top. Am Gipfel hatten sie ihre noble Bräune gegen ein krankes Blau gewechselt. Schönheit muss eben leiden. Trotz nebelverhangenen Bergen wurden einige tolle Bilder geschossen.

Die Fahrt nach unten dauerte wieder eine Stunde. Unten angekommen, fuhren wir über eine Offroadstrecke zu einer weiteren Heilquelle. Nun, dieses Wasser schmeckt nicht gut, so gesund es auch sein mag.

Am späten Nachmittag setzte dann der Regen ein und das Wetter wurde immer ungemütlicher. Wir beschlossen denselben Platz wie am Tag zuvor aufzusuchen. Als uns der Besitzer des Campingplatzes sah, freute er sich riesig, da wir noch eine Nacht auf seinem Platz verbringen wollten. Diese Freude artete aus und zwar zu einem Saufgelage. Seine Frau, so wollte es Yevgeny, musste für uns alle kochen. Es wurde spät, sehr spät. Ich weiß gar nicht mehr wie ich die Leiter hoch ins Zelt geschafft habe.


Tag 17
Gott war mir schlecht. Auch Yevgeny machte keinen allzu guten Eindruck. Yevgeny kochte Tee – russischen Tee. Ulrike lehnte dankend ab. Vermutlich wusste sie warum. Nach dem Tee war mir doppelt so schlecht. Aber der Kontakt mit Yevgeny und seiner Familie war herzlich, da muss man schon ein wenig leiden können. Und zwar einen ganzen Tag lang. Wir wollten ursprünglich über Krasnaya Polyana über die Berge nach Norden fahren und von dort weiter zum Elbrus. Die Einheimischen meinten, dass es mit nur einem Wagen nicht ratsam sei diesen Weg einzuschlagen. Auch, so meinten sie, müsste man mit Rebellen rechnen. Das hat uns dann zugegebener Maßen verschreckt und wir fassten eine andere Route ins Auge.

Wir fuhren zurück nach Westen. Kurz vor Sochi gibt es einen wunderschönen Eiben- und Buchsbaumhain. Hier wachsen Eiben die über 1000 Jahre alt sind und Buchsbäume werden über 20 Meter hoch. Der Weg zurück nach Tuapse zog sich auf Grund des außergewöhnlich starken Verkehrs. Hie und da steht ein LKW am Fahrbahnrand, der Zylinderkopf liegt auf der Straße, die Halbachse ganz wo anders und alles voller Öl. Die LKW-Fahrer müssen hier nebenbei auch noch gute Mechaniker sein und vor allem Weltmeister im Improvisieren. In Agoje befindet sich ein wunderbarer Campingplatz direkt am Meer. Den Nachmittag haben wir genossen. Von meinen Kopfschmerzen wollte ich mich durch Feuerholz hacken ablenken. Erst am Abend bei einem schönen Lagerfeuer und gutem Essen wurde mein Zustand wieder besser. Mit Russen säuft man nicht!


Tag 18
Bei der Fahrt zurück nach Tuapse standen an jeder Ecke Polizisten. Natürlich wurden auch wir angehalten und kontrolliert. Je näher wir zu Tuapse kamen desto besser hatten sich die Polizisten positioniert und zum Teil auch im Wald versteckt. Als wir in Tuapse das zweite Mal angehalten wurden und neuerlich eine Kontrolle ins Haus stand, erlaubte ich mir zu fragen zu welchem Zweck dieses Aufgebot dient. Man antwortete, dass Wladimir Putin auf Urlaub ist und hier ankommt. Dann war alles klar und wir durften in Richtung Maykop weiterfahren.

Bei einigen Straßenverkäufern wurde wieder eingekauft. Unter anderem herrliche Kartoffeltaschen, ähnlich wie die Kartoffelpuffer bei uns, aber viel besser. Über Labinsk fuhren wir nach Psebay, wo wir wieder angehalten und kontrolliert wurden. Ab hier ändert sich die Landschaft. Bizarre, grasbewachsene Hügel, zum Teil mit felsigem Gürtel und dahinter das gewaltige Band des Zentralkaukasus bildeten einen traumhaften Anblick. Hier in diesen Breiten ist die Bevölkerung bereits großteils muslimisch und das spiegelt sich auch in den Dörfern, die dadurch einen exotisches Flair bekommen, wider. Hirten auf ihren Pferden sitzen stolz im Sattel und halten ihre Kuhherden zusammen. Es war nicht schwer einen geeigneten Platz zum Campieren zu finden. Beim Lageraufbau kamen zwei Jäger vorbei und versuchten mit uns zu reden. Jedoch sprachen die Herren nicht unbedingt russisch sondern einen harten Dialekt. Aber sie waren sehr freundlich und wünschten uns eine gute Reise.


Tag 19
Am Morgen ritt ein Hirte bei uns vorbei, grüßte und ritt weiter. Nach einigen hundert Metern drehte er um und kam zurück. Er sagte, dass Ulrike unbedingt mit dem Pferd eine Runde reiten müsse, damit ich ein Foto davon machen könne. Ulrike nahm das Angebot an und hüpfte in den Sattel. Begegnungen wie diese sind hier im Osten nicht ungewöhnlich. Die Menschen kommen auf einem zu und man kommt sofort ins Gespräch. Diese Erfahrung hatten wir bisher noch in keinem Land so intensiv gemacht wie in Russland und der Ukraine.

Später fuhren wir in Richtung Elbrus. Wir wollten von der Westseite zum Bergmassiv vorstoßen und nicht von Osten über Terskol, wo die ganzen Touristen vor allem Amerikaner durchgeschleust werden. Der Elbrus gilt mit seinen 5642 Metern als der höchste Berg Europas und ist zudem nicht allzu schwer zu besteigen. Der Weg zum Berg führt über Karachayevsk und Elbrusskiy. Die Strecke mit dem ständigen Blick auf die Vier- und Fünftausender, von denen es hier zahlreiche gibt, ist wunderbar zu befahren. In Khurzuk, einem kleinen Dorf, weisen uns die Dorfältesten freudig den Weg. Unser Plan war es, mit dem Wagen dem Gipfel so nah als möglich zu kommen. Im Dorf zweigt ein kleiner schmaler Weg einem Bach entlang in Richtung Osten ab. Nach kurzer Fahrt gilt es den Bach auf einer Brücke zu überqueren. Es gehört schon etwas Mut dazu wenn man die weiteren Brücken befahren will. Bei einer Brücke hätte ich mich nicht darüber getraut. Doch als ich am anderen Ufer einen 30 Tonnen schweren URAL gesehen habe, der voll mit Holz beladen war, wendete und auf die Brücke zufuhr, wurde ich bleich. Die Cherkessen haben nur gelacht, als ich fragte, ob sie wirklich über die Brücke fahren würden. Sie gaben Gas und fuhren einfach darüber. Dann hatte auch ich den Mumm sie zu befahren. Eine Furt erforderte es, sie zunächst zu begehen. Einige große Brocken mussten beiseite geräumt werden. Die tiefste Stelle war einen dreiviertel Meter tief und war somit kein Problem. Der Weg führte uns schließlich auf eine Höhe von 2700 Meter.

Oben kamen wir mit einer Sennerin „Olla“ ins Gespräch. Sie gab uns Milch zum Trinken und bestand darauf, dass wir auch zwei Liter von ihrem Eiran mitnehmen. Als Gegengeschenk nahm sie die Schokolade, die sie da oben nicht so leicht bekommt, gerne entgegen. Ein Stück weiter sahen wir ein paar Hütten. Bei einer erblickte ich auch ein paar Personen. Da in dieser Höhe die Nächte sicherlich unter 0 Grad abfallen, wollten wir nicht unbedingt im Dachzelt schlafen. Deshalb fuhr ich auf eine Hütte zu und stieg aus. Ich wollte fragen, ob wir hier eine Nacht in der Hütte verbringen dürften. Als ich auf den Mann, der vor der Hütte saß, zuging, stand dieser auf und kam mir entgegen. Dann erspähte ich hinter dem Haus noch 5 Männer die jetzt ebenfalls auf mich zugingen. Im ersten Moment war ich etwas ängstlich, doch als mich der Erste um den Hals fiel und freudig begrüßte, hat sich jegliches Unbehagen verflüchtigt. Auch die anderen schüttelten mir die Hände und lachten was das Zeug hielt. Als sie erfuhren woher wir kommen, bestanden sie darauf, dass wir in der Hütte schlafen. Also konnte ich mir die Frage sparen.

Sie machten uns Feuerholz für den Ofen, überreichten uns luftgetrocknetes Schaffleisch und brachten uns von einer nahen Heilquelle Wasser. Gesundes Wasser darf offensichtlich nicht gut schmecken. Die Cherkessen sagten, dass sie hier auf Kur seien. Im Nahe liegenden Thermalbecken baden sie mehrmals, dass sei gut für die Knochen und das Herz. Der Elbrus ist vulkanischen Ursprungs, das wusste, ich aber eine Thermalquelle? Das Wasser habe 16 Grad und sei wunderbar warm. 15 Minuten müsse man im Wasser bleiben damit es seine Wirkung entfalten kann. Ja, die Cherkessen haben eine andere Vorstellung von warmen Wasser. Wir haben lange miteinander geplaudert. Dass sie die Russen nicht mögen haben sie nicht verheimlicht. Die Nacht wurde in der warmen Hütte verbracht.


Tag 20
Um 06.00 Uhr hüpften wir aus den Federn und zogen uns die Wanderkluft über. Zumindest bis zum Pass wollten wir hochsteigen. Laut Karte liegt dieser auf etwa 3000 Meter. Der Himmel war wolkenlos. Somit zeigte sich der Elbrus von seiner schönsten Seite. Zunächst gingen wir einen Bach entlang. Irgendwann verschwand der Bach unter dem Geröll und wir stiegen stetig nach oben. Ich hätte nicht gedacht, dass wir die Höhenluft so stark spüren würden. Also zog ich das GPS aus der Tasche und las bereits über 3300 Meter ab. Somit war klar, dass dies nicht der Weg über den Pass sein würde. Wir quälten uns zum Teil auf allen Vieren auf den Berg.

Nach 5 Stunden waren wir auf einem Grad angelangt, von dem ein wunderbarer Ausblick auf die Gipfel genossen werden konnte. Das GPS zeigte uns hier 3730 Meter. Weiter hätten wir auch nicht gehen können, da hier der Gletscher anfängt und darin zahlreiche Spalten zu erkennen waren. Zumal wir ja schon so geschlaucht waren, dass uns sogar der Abstieg schwer fiel. Immerhin brauchten wir über 2 Stunden nach unten. Dort haben die Cherkessen schon auf uns gewartet. Jetzt müssten wir ins Thermalwasser sagten sie. Das machten wir auch. Ulrike war die Erste im Wasser. Nach einigen Urlauten war sie dann im Becken und dann genau so schnell wieder heraußen. Auch ich stieg in das 16 Grad warme Wasser. Die erste Minute war die Hölle. Doch dann hatte ich mich an das kalte Wasser gewöhnt. So blieb ich, wie von Cherkessen empfohlen, 15 Minuten im Becken. Ich habe mich an diesem Abend nicht mehr erwärmt. Wir blieben noch eine Nacht in der Hütte und kochten eine riesen Portion Nudeln.


Tag 21
Auch dieser Morgen war nahezu wolkenfrei. Die Sonne war dabei den Frost der sich in der Nacht überall angelegt hatte zu vertreiben. Nach dem Frühstück machten wir uns wieder auf den Weg ins Tal. Für die 19 Kilometer, wo 9 Brücken und 2 Furten bewältigt werden müssen, braucht man rund 2 Stunden. Der Weg führte uns dann weiter nach Dombay, nahe der georgischen Grenze. Dombay wirkt im Sommer wie eine Geisterstadt. Im Winter ist in dieser Wintersportregion sicher die Hölle los. Nach einem Rundgang fuhren wir wieder Richtung Maykop und nächtigten an derselben Stelle wie zwei Nächte davor. Ich verspürte bereits ein leichtes Ziehen im Kopf und war von der Wanderung noch völlig erschöpft.


Tag 22
Nach dem Frühstück ging es zurück ans Meer. Mein Kopf dröhnte fürchterlich. Auch Ulrike fühlte sich nicht so besonders. Nach den üblichen Kontrollen durch die Polizei schafften wir es am späten Nachmittag bis Agoje. Den Campingplatz am Meer kannten wir bereits. Auf Grund unseres Zustandes bezahlten wir gleich für 2 Nächte und behandelten zunächst unsere Wehwehchen.


Tag 23
Meine Kopfschmerzen waren so gut wie weg, aber noch immer waren die Glieder schwer. Ulrike verbrachte nahezu den ganzen Tag in der Hängematte. Ausspannen muss eben auch mal sein. Der Nachmittag brachte uns schlechtes Wetter. Die düsteren Wolken, die zeitweise von der Sonne durchschnitten wurden, zauberten über dem Meer die wundersamsten Farben. Wir zogen uns in das Vorzelt zurück, worum uns die russischen Camper offenbar beneideten.


Tag 24
Es regnete die ganze Nacht durch. Immer wieder donnerte es, wodurch die Alarmanlage eines in der Nähe befindlichen Lada’s ausgelöst wurde. Erst gegen 10.00 Uhr hielt der Regen kurz inne. Dieses Zeitfenster wurde ausgenutzt um das Lager abzubauen. Gegen 11.00 Uhr verließen wir den Campingplatz. Der Regen setzte bald wieder ein. Die Fahrt ging Richtung Westen. Auf halbem Weg nach Anapa besichtigten wir ein Areal mit einigen Dolmen. Interessant, dass bis heute keiner weiß, welchen Zweck diese Steingebilde einst erfüllten. Wieder mussten wir durch Novorossiysk durch. Bei Anapa, genau gesagt, in Bolshoy Utrish wurde wieder ein Campingplatz bezogen. Die Betreiber des Platzes waren sehr um uns bemüht. Nach dem Kochen fielen wir in die Matratze.


Tag 25
Heute sollte Anapa auf dem Programm stehen. Wieder kamen wir an der uns bereits bekannten heiligen Quelle vorbei und füllten unsere Wassertanks. Die Stadt Anapa ist wie ein Schachbrett aufgebaut, es handelt sich dabei um einen Touristen- und Kurort. Hier haben wir einige Souvenirs, wie Matruschkas für unsere Lieben zu Hause besorgt. Nächst Bolshoy Utrish gibt es eine Delphinshow. Ulrike liebt Delphine. Leider kamen wir zur Nachmittagsvorstellung zu spät. Doch Ulrike konnte ja in der freien Wildbahn bereits einen Delphin beobachten. Das Abendessen haben wir in einem Restaurant eingenommen. Genächtigt wurde wieder am selben Platz wie die Nacht davor.


Tag 26
Da die Versicherung für das Auto schön langsam ausläuft, bewegen wir uns in Richtung ukrainische Staatsgrenze. Auf der Fahrt dorthin haben wir uns noch die berühmten Schlammlöcher angeschaut. Darin wühlen sich die Russen. Der Schlamm wird auch abgebaut um ihn zu Heilungszwecken in Sanatorien zum Einsatz zu bringen. Wir haben uns die Schlammlöcher so wie diese in Island vorgestellt. Aber hier sind sie recht unspektakulär.
Kurz vor der Grenze wurden wir wie üblich angehalten. Diesmal wurden beanstandet, dass wir uns in Russland nicht registrieren ließen. Zunächst sprach man von 100 Euro Strafe, lies uns aber weiterfahren. Bei der nächsten Kontrolle unmittelbar neben der Grenzstation dasselbe Spiel. Hier musste ich wegen der Registrierung in die Tasche greifen. 40 Euro (ohne Quittung), billiger konnte ich es mir nicht heraushandeln. Daher liebe Leute, unbedingt einmal irgendwo registrieren lassen. Das haben wir leider total außer Acht gelassen. Die Grenzkontrolle verlief dann ohne weitere Zwischenfälle. Wieder ein Formular auf russisch, dann eine Begutachtung des Wagens und rauf aufs Schiff. Von Russland mussten wir uns nun verabschieden, aber wir nahmen uns fest vor wiederzukommen.

Die Ukraine lag wieder vor uns. Auch hier war die Grenzkontrolle nach 1 Stunde abgewickelt. Den Weg durch Kerch kannten wir bereits und nahmen Kurs auf die Nehrung am Asowschen Meer. Nach einer Stunde Fahrt kamen wir dort an. Ulrike tobte sich im Gelände aus und beutelte den Defender ganz schön durch. Auf diesem schmalen Band könnte man am Asowschen Meer bis nach Henichesk fahren. Am Strand liegen Milliarden von Tonnen an Muscheln. Und wieder fast kein Mensch zu sehen. Direkt am Meer wurde das Lager aufgeschlagen und gebadet.


Tag 27
Wir wollten heute bis nach Odessa, daher früh aus den Federn und los. Auf dem Weg dorthin kann man auf zahlreichen Märkten zu günstigsten Preisen Gemüse und Obst einkaufen. Am späten Nachmittag kamen wir in Odessa an. Wir fuhren der Küste in Richtung Osten und sichteten einen wunderbaren Abstellplatz (Sahara Camping) unmittelbar am Meer. Und das für nur 4 Griwna pro Nacht.


Tag 28
Heute geht es nach Odessa. Die Fahrt ins Zentrum war anstrengend, da es aus Mangel an Bodenmarkierungen zum heillosen Durcheinander kommt. Wir haben direkt neben dem Rathaus geparkt und streiften durch die wunderschöne Stadt. Odessa ist tatsächlich eine Perle am Schwarzen Meer. Hier im Zentrum reiht sich ein schönes Gebäude neben dem anderen. Natürlich war auch die Potjemkinstiege Teil unserer Tour. In dieser Stadt kann man ausgezeichnet speisen und flanieren. An unserem Tag, es war ein Freitag, waren mindestens 40 Hochzeitspaare dabei, sich das Ja Wort zu geben. Erst am späten Nachmittag fuhren wir wieder auf den Abstellplatz und hüpften zum letzten Mal ins Schwarze Meer.


Tag 29
Ursprünglich war es geplant, über Ismail ins Donaudelta und weiter durch Rumänien Richtung Heimat zu fahren. Doch leider habe ich übersehen, dass es auf der ganzen ukrainisch/rumänischen Grenzstrecke keine Möglichkeit zur Übersetzung gibt. Der einzige Landweg führt über Moldawien und dafür ist ein Transitvisum von Nöten. An der Grenze wird leider kein Visum ausgestellt, so mussten wir ganz Moldawien umfahren. Die Besichtigung des Donaudeltas wird daher verschoben. Wir nahmen somit die Route Richtung Kiew und bei Uman ging es weiter Richtung Westen. Wieder kämpften wir uns auf Nebenstraßen in Richtung Dnister, jener Fluss der uns besonders gut gefiel.

In diversen Geschäften (MAGAZIN) kann man sich überall im Land ausreichend versorgen. Das Flair ist so wie bei einem Greißler bei uns vor hundert Jahren. Wir haben uns noch schnell mit Lebensmitteln eingedeckt, bevor am Ufer der Dnister das Lager aufgeschlagen wurde.


Tag 30
Das Wetter wurde wieder etwas schlechter. Bei leichtem Nieselregen wurde das Lager abgebrochen und wir folgten dem Flussverlauf der Dnister. Schließlich fuhren wir nach Chernowitz und von dort zur rumänischen Grenze. Die Grenzabfertigung auf beiden Seiten war unproblematisch und ging schnell von statten. In Rumänien wurde die Straßenmaut gleich an der Grenze mit 2 US Dollar beglichen. Jetzt wurde das Wetter immer schlechter. Wir fuhren durch die Süd Bukowina in Richtung Maramuresch. Auf einer Passhöhe mieteten wir uns auf Grund der starken Regenfälle eine kleine Hütte. Die Süd Bukowina ist landschaftlich sicherlich reizvoll, jedoch wurde der Unterschied zwischen den ukrainisch/russischen und den rumänischen Menschen gleich bemerkt. Sicherlich sind die Rumänen auch freundlich und hilfsbereit, aber die Stimmung die man erlebt, wenn man durch ein rumänisches Dorf fährt, ist bei weitem nicht so angenehm wie eben in der Ukraine oder Russland. Die Menschen hier wirken so leblos und extrem frustriert.

Gekocht und gegessen wurde in der Hütte und wir waren froh bei dem Wetter nicht im Zelt schlafen zu müssen.


Tag 31
Der Morgen begann mit dem Wetter genau so wie der Tag davor endete. Eine einzige graue Waschküche breitete sich über uns aus. Auf dem Weg in die Region Maramuresch wurde es dann besser. In den Dörfern die wir passierten wurden einige der schönsten Holzkirchen besichtigt. Doch dieses Unbehagen wurden wir nicht los. Wir hatten die Ukraine viel zu früh verlassen, dessen wurden wir uns bewusst. Der Kontrast zwischen den Ländern ist einfach zu groß und wurde, obwohl wir es versuchten, nicht richtig verkraftet. So reisten wir noch am selben Tag bei Debrezin nach Ungarn ein.

In Ungarn ließen wir unsere letzten Urlaubstage ausklingen. Natürlich kamen wir auch am Balaton vorbei. Der Weg nach Hause führte uns über Slowenien in die Südsteiermark. Alles in allem hatten wir 9.300 Kilometer zurückgelegt und hatten von der ehemaligen Sowjetunion nur die besten Eindrücke gesammelt. Vor allem die Ukraine ist zurzeit auf Grund der gefallenen Visabestimmung empfehlenswert und allemal eine Reise wert. Russland ist genauso attraktiv, jedoch ist die Reisevorbereitung für dieses Land viel intensiver.


Conclusio
Es war eine Reise, wie wir sie noch nicht erlebten. Sehr schöne Landschaften, bewohnt von wunderbaren Menschen.
„Wir sehen uns wieder!“
 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Fotos und Text: Werner Müller





 
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