Reisebericht Tunesien: "Lac Rochette“ in den Ausläufern des Erg Oriental
Offroad in Tunesien unterwegs - südlich des Tafelbergs „Thimbaine“: 6 Tage Wüste pur mit „Whirlpool“ ...
08.02.2007, Update 31.03.2007

Info: Am 3.4.2007  gibt es einen Vortrag zu dieser Reise. Details in unserem
Eventkalender !

Die „Hirten“ und ihre „Esel“: Boris Piskorz, 25 Jahre, das fünfte Mal in der Sahara aber zum ersten Mal als Pilot mit eigenem Fahrzeug, einem Toyota HZJ78. Ju Riedl, 24 Jahre; das erste Mal in der Wüste, und als Orientierungsläufer schon auf die Navigation als Copilot gespannt. Klaudia Piskorz, 44 Jahre zum elften Mal in der Sahara und steuert abwechselnd zur Hauptnavigation den „proMOG“, ein Mercedes Unimog U1550L/250. Andreas Piskorz, 45 Jahre, auch schon über 240 Tage in der Wüste gewesen, wechselt mit Klaudia die Aufgaben.

Eine Woche später werden wir verstärkt von: Veri Krail 24 Jahre, Freundin von Boris und bereits zum zweiten Mal im Wüstensand. Martin Schlager, 36 Jahre, ebenfalls das erste Mal in der Wüste. Er ist Pilot des dritten Autos, einem Toyota KJ-73.

“Gott hat Länder voll Wasser erschaffen, damit die Menschen dort leben können, und Wüsten damit sie dort ihre Seelen erkennen !“ (Sprichwort der Tuareg)

Auf den Satellitenfotos ist er ein ca. 300m langer Fleck inmitten von Sand umschlossener Schotterkessel. Nahe der algerischen Grenze, südlich des Tafelbergs „Thimbaine“, liegt der in der Reiseszene bekannte See „Lac Rochette“. Ein künstlich angelegter artesischer Brunnen bildet eine kleine Oase mit mehreren Tümpeln. Diese sind, durch in den Sand geschnittene Kanäle miteinander verbunden. Am Westrand des Kessels vereinen sich diese Tümpel zu einem kleinen See. Die Ränder des Sees werden durch üppige Tamarisken eingeschlossen. In den flachen Wasserstellen wächst Schilf und Elefantengras.

Diese wunderschöne Oase bildet für die hier lebenden Nomaden ihren Lebensraum. Jetzt im Winter treffen ein bis zweimal am Tag tunesische Nomaden ein, um mit ihren Kamelen den Wasservorrat der nächsten Wochen aufzufüllen. Ihre Familien leben im Winter mit ihren Herden in den umliegenden Plateaus und nicht selten dauert der Marsch zum See 18 Stunden und mehr.

Der See ist mit Fahrzeugen wetterbedingt meist nur schwer zu erreichen und wird mit LKW’s wegen der tückischen Dünenkessel mit ihren steilen Auffahrten und starken Verschneidungen nur sehr selten angefahren.

Es werden zwar immer wieder Berichte von Rekordzeiten mit 4 bis 6 Stunden Fahrzeit vom Thimbaine zum See publiziert, unter normalen Bedingungen ist jedoch eine Reisezeit von 2 bis 3 Tage für diese Strecke wohl realistischer. Wir planen 6 Tage und einen Rasttag am See für die Strecke von Douz zum See und zurück nach „Ksar Ghillane“ mit unseren 2 Toyota Landcruiser und dem 8t Unimog.

Da ich 3 Routen zum See kenne, unterhalten wir uns auch mit Aziz und Heddi aus Douz, über mögliche und interessante Varianten für unseren LKW, bevor wir aufbrechen. Denn die tiefen Kessel mit den stark verschneidenden Dünenkämmen sind tückisch und nicht alle für LKW’s zu befahren. So ist es entscheidend, die richtigen Einstiege in das „zerklüftete“ Dünengebiet rund um den See und die befahrbaren Kessel zu finden.

Da uns das Gebiet nicht ganz unbekannt ist, können wir mit den Beschreibungen der Beiden halbwegs etwas anfangen und so füllen wir guten Mutes unsere Ressourcen auf. Dank „Aziz“ kommen wir auch noch zu etwas frischem Fleisch, denn am Tag nach dem Hammelfest waren alle Fleischerläden zu und der Markt leer.

Dank des Regens kurz vor unserer Ankunft in Tunesien ist der Sand noch feucht und leichter befahrbar. Wir können das auch deutlich bis zum Thimbaine sehen, da die vielen Fahrzeuge hier regelrechte „Pisten“ in den Sand gefräst haben.

Wir haben uns für eine Route entschieden, die vom Thimbaine südöstlich über den „Grand de Kanis“ zum „Petit de Kanis“ führt. Von dort wollen wir zunächst westlich in die Dünenkessel einsteigen, um dann mit Kurs Süd direkt zum See zu fahren.

Für den Rückweg müssen wir vom See zum „Petit de Kanis“ einen anderen Weg weiter östlich finden, da die Dünenabfahrten vom Hinweg zu steil und zu weich sind, um wieder zurück zu fahren. Anschließend versuchen wir östlich am „Grand de Kanis“ vorbei, in Gassis zwischen Dünenriegel hindurch zum „Gur el Kleb“, einem kleinen Tafelberg in mitten einer zerklüfteten Dünenkette, und dann nach Osten zum „Gur el Mida“ zu gelangen. Ein kleiner Brunnen, etwas westlich dieses Berges, liegt am Rande riesiger Regebenen. Von dort in Hauptrichtung Nord geht es schließlich zur Piste zwischen Cafe „Porte du Sahara“ und „Ksar Ghillane“.

Ungeachtet der unzähligen Geschichten, die man von Touristen aus Südtunesien hört; wer aller wie, wohin gefahren ist; stellen wir wertfrei fest, dass es eine magische Grenzlinie beim Thimbaine gibt. Zwischen Douz und diesem Berg trafen wir unglaublich viele Touristen. Man meint, alles was Räder hat fährt hier zu dieser Jahreszeit hin und her. Teils mit einheimischen Führern, Abenteueragenturen und Solofahrer. Im südlichen Dünengebiet hingegen sind kaum mehr Spuren oder Autos zu finden.

Südlich des Thimbaine ist alles anders, denn außer vereinzelt auf Nomaden zu treffen, haben wir während der gesamten Tour keinen einzigen Touristen mehr getroffen.  Vielleicht aber haben wir auch nur Glück gehabt!

Der feste Sand war tatsächlich sehr hilfreich und wir kamen völlig problemlos bis zum „Petit de Kanis“. Ab dort, Richtung Süden, dürfte es nicht mehr geregnet haben, denn von nun an war der Sand sehr weich. Speziell bei den kurzen steilen Auffahrten aus den kleinen Kesseln in mehreren Stufen aus den Schottersenken heraus, bereitete dieser Umstand jetzt zunehmend Probleme. Vor allem Boris, der den Schluss machte, hatte manchmal mit dem von uns zerfurchten tiefen Sand zu kämpfen. Die letzten 12km Luftlinie zum See waren erwartungsgemäß die Schwierigsten. Dieser Streckenabschnitt war aber zugleich auch der Schönste. Wir benötigten dafür 18 Fahrkilometer und rund 8 Stunden.

Die meiste Zeit ist mit Suchen einer befahrbaren Überquerung des nächsten Dünenriegels und genauem Abgehen der Strecke aufgegangen. Die Abfahrt in so manche Senke ist oft eine „Einbahn“, das sind Dünenabfahrten, die man nicht mehr zurückkommt.

So suchten wir bereits vor Einfahren in eine solche Senke, einen möglichen Weg am anderen Ende heraus, denn sonst kann dieser Kessel zum „Dauerparkplatz“ werden.

Unser Unimog verfügt mit 250PS zwar über ausreichend Leistung und hat ein hervorragendes Leistungsgewicht, die rund 7,5t müssen jedoch wieder irgendwie in diesem weichen Sand die steilen Auffahrten hinauf gebracht werden. Nicht selten ist dabei Schwung holen nicht möglich, da auf Grund der Verschneidungen der Dünen, direkt in der Senke 90° abgebogen werden und praktisch aus dem Stand bis zu 10m Höhenunterschied überwunden werden müssen. Ein „Bergen“ eines hier stecken gebliebenen LKW’s ist dann nicht mehr möglich.

Nach sehr anspruchsvollen und anstrengenden 8 Stunden, mit einem Durchschnittverbrauch von mehr als 50l/100km beim „proMOG“, kommen wir gegen 15:00 am See an.

Der letzte Riegel, wir riechen bereits das Wasser – wo ist Boris ?

Ausgerechnet der allerletzte Dünenriegel, wird für Boris und seinem HZJ78 zum Dauerparkplatz. So verbringen wir alle gemeinsam noch 30min, den See schon vor Augen, mit Ausgrabungsarbeiten.

Der folgende Rasttag gehört dem Faulenzen, Baden, ausgiebigen Dünenwanderungen und ausführlicher „Nomadenküche“. Wir verlieren uns in der absoluten Ruhe der Wüste und lassen diese unbeschreiblichen Eindrücke auf uns wirken.

„Nur derjenige, der sich voll und ganz der Wüste hingibt, den wird sie mit all ihrer Pracht belohnen!“

Gleich nach Sonnenaufgang am nächsten Morgen brechen wir auf und suchen unseren Weg östlich aus dem Dünenkessel hinaus. Wir folgen vereinzelten Spuren, die sich immer wieder im Sand verlieren. Teilweise führt uns unser Weg nur wenige hundert Meter von der Strecke der Hinfahrt entfernt im Nachbartal zurück zum „Petit de Kanis“.

Auch diesmal war die gefahrene Strecke wieder an die 18 km lang, jedoch konnten wir diese Route in knapp 5 Stunden bewältigen. Nicht ganz so imposant ist diese Variante einfacher und in beiden Richtungen zu befahren.

Die restliche Strecke an den beiden Plateaubergen „Gur el Kleb“ und „Gur el Mida“ vorbei verläuft fahrtechnisch unspektakulär, führt uns dafür aber durch eine abwechslungsreiche Landschaft an freilaufenden Kamelherden vorbei. Lediglich in einem weitläufigen Dünenriegel ist die Navigation etwas schwierig, da der scheinbar leichter zu befahrende Verlauf in ein zu östliches Qued führt. Die Dünenriegel dort verlieren sich langsam zu einem weiten Dünenfeld. Ein Weiterkommen hier, würde viel Zeit in Anspruch nehmen. Bis „Ksar Ghillane“ hätte man dann nur mehr verschneidende Dünenriegel unter den Rädern.

Die groben Beschreibungen von Aziz helfen uns jetzt das richtige Qued zu finden. Ab hier wird es immer einfacher zu fahren und am Brunnen, westlich des „Gur el Mida“ vorbei, finden sich immer mehr Spuren zu einer guten Piste zusammen, dort wo der Sand den weitläufigen Regebenen weicht. Zwei Tage nach Aufbruch vom See schlagen wir kurz vor „Ksar Ghillane“ für diesen Reiseabschnitt unser letztes Nachtlager in den Dünen auf.

Nach einem kurzen Besuch der Oase „Ksar Ghillane“, die leider viel von ihrem einstigem Reiz verloren hat, fahren wir auf direktem Weg durch das nördliche Dünengebiet, am „Bir Gif el Boum“, den wir mit dem Schlitten „bewandert“ hatten, vorbei, zum Cafe von Achmed und weiter nach Douz.

Bei einer „Schischa“ lassen wir uns gemeinsam mit Aziz und seinem Bruder Mashid die gewonnen Eindrücke dieser wunderschönen Welt, dem „Bar bella Mar“ nochmals durch den Kopf gehen.

Schließlich verabschieden wir uns, für hoffentlich nicht allzu lange Zeit, von unseren Freunden und machen uns über Nebenstrassen und abenteuerliche Bergpässe auf den Weg nach Tunis und nach Hause.

“Die Erinnerung ist das einzige Paradies, aus dem wir nicht vertrieben werden können !“


Teil 2: Mit dem Hundeschlitten durch die Wüste
 

 

Der Reisebericht in 2 Teilen
Teil 1: Lac Rochette“ in den Ausläufern des Erg Oriental
Teil 2: Mit dem Hundeschlitten durch die Wüste

Text und Fotos: Andreas Piskorz, proVENTURE
www.proventure.at

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 





 
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