Maximal 10 bis 15 km/h erlaubt die Schotterpiste nach Theth,
einem kleinen Bergdorf in den albanischen Alpen im Nordosten des
Landes gelegen, ohne dass man das Gefühl hat, dass sich das Auto
in alle Teile auflöst. Ein erster Vorgeschmack auf die
abenteuerlichen Straßenverhältnisse in den nächsten Wochen.
Nach dem Grenzübertritt in Sukobin von Monte Negro
kommend (10 Euro sind an Einreisegebühr pro Person zu bezahlen),
einem kurzen Badeaufenthalt am Shkodër-See und einigen
Besorgungen in der Stadt ist dies die erste Tour in die wilde
Berglandschaft des uns noch unbekannten Landes. Ein Gewitter
kündigt sich an und wir verbringen die Nacht in einer kleinen
Senke direkt neben der Straße, hoffend, dass sich das Wetter
bessert und die grandiose Aussicht auf die Berge freigibt.
Wie sich noch zeigen wird, stellt das Übernachten in der
freien Natur kein Problem dar, je nach Region findet man
traumhafte Plätze, manchmal auch weniger schön gelegene oder sie
sind mit Müll verschandelt; mit Ausnahmen muss man die Wiese
jedoch oft mit Kühen, Schafen und Ziegen teilen. An gefassten
Quellen gibt es immer wieder trinkbares Wasser, in den
Küstenregionen ist man auf die Geschäfte, die Wasser verkaufen,
angewiesen. Das Besorgen von Nahrungsmitteln ist
ebenfalls unproblematisch, kleine Geschäfte und Märkte gibt es
überall, Brot, Gemüse, Schafkäse und Obst sind
vorzüglich, riesige Supermärkte mit ihrem Überangebot darf man
sich allerdings nicht erwarten. Die Dichte an Bankomaten,
um Geld abzuheben, ist dank Raiffeisen mehr als
ausreichend, ebenso an Tankstellen, für die Kreditkarte findet
man aber (außer im Hotel) kaum Verwendung.
Auch am nächsten Tag sind wir noch mit kleineren Regenschauern
konfrontiert, über 2000 Meter Seehöhe gibt es noch Schneefelder,
wir sind fasziniert von den steil aufragenden Berggipfeln und
den tief einschneidenden Schluchten.
Kurz vor Theth werden wir von der Polizei
zurückgepfiffen, sie will wissen woher wir kommen, wohin wir
fahren, wie lange wir bleiben. Nachdem alles aufgeschrieben ist
dürfen wir weiterfahren. Das Dorf selbst liegt weit verstreut,
einige Ruinen größerer Gebäude sind sichtbar, teils sind die
Steinhäuser verlassen, nur wenige noch bewohnt. In allen
Bergregionen, die wir bereisen, gleicht sich dieses Bild. Die
massive Landflucht verwundert nicht angesichts des kargen Lebens
und fehlender Arbeitsmöglichkeiten sowie der mehrstündigen und
mühseligen Fahrt zur nächstgelegenen größeren Stadt soweit
überhaupt ein Fahrzeug zur Verfügung steht.
Bei der Rückfahrt übernachten wir auf einem schönen
Wiesenplatz unweit eines Plateaus, wo wir am nächsten Morgen bei
strahlendem Sonnenschein eine 360° Rundumsicht genießen.
Der nächste Tourenabschnitt wird uns von Komani
mittels Fähre nach Fierzë in das Valbonëtal führen. Am Abend
rätseln wir noch, wo sich denn nun der Anlegeplatz befindet, am
nächsten Morgen klärt sich jedoch alles rasch auf. Wir
frühstücken gehetzt und reihen uns in die inzwischen
herankommenden Autos ein. Die Fahrt geht zur großen Brücke, hier
heißt es eine Stunde warten, dann setzt sich die Kolonne von ca.
30 Wagen in Bewegung; die Straße führt den Berg hinauf, dann
durch einen Tunnel und an dessen Ende liegt auch schon die nicht
ganz vertrauenserweckende Fähre bereit. Ich protestiere noch
gegen den mir zu hoch erscheinenden Betrag, wir bekommen wieder
ein paar Hunderter zurück, der Preis sei aber schon
gerechtfertigt, immerhin fahren wir einen Mercedes(!), so die
Logik des Kartenverkäufers. Langsam rollen wir mit dem Defender
auf das Deck, dann heißt es rasch aussteigen, denn nach wenigen
Minuten ist das Auto so zugeparkt, dass ein Aussteigen nur mehr
über eine Dachluke möglich wäre. So verbringen wir die
zweistündige Fahrt am Oberdeck und lassen bei schönstem
Sonnenschein die Landschaft auf uns wirken.
In Bajram Curri „leiht“ uns eine Mutter ihre zwei
Kinder, die uns quer durch den Ort zur Bäckerei führen, die wir
nicht finden konnten. Hat man erst einmal Kontakt zu den
Menschen hergestellt sind sie mit wenigen Ausnahmen sehr
freundlich, hilfsbereit und neugierig, wir können im Lauf der
Reise einige Kontakte knüpfen und – soweit es die Sprachbarriere
zulässt – interessante Gespräche führen. Hier im Ort fühlen wir
uns jedoch nicht ganz wohl: Die Straßen sind ziemlich belebt,
Dutzende Augenpaare sind auf uns gerichtet, wir werden von oben
bis unten gemustert, teilweise blöd angequatscht. Wir haben den
Eindruck, es ist weniger die Feindseligkeit als vielmehr die
Neugier und das noch ungewohnte Bild ausländischer Touristen in
dieser Gegend.
Unser Weg führt weiter Richtung Nordwesten, immer am
türkisgrün schillernden Bach entlang, der auch Möglichkeit zum
Abkühlen bietet. Die Straße steigt ständig, auf ca. 1.000 Meter
Höhe liegt eine Ebene eingebettet zwischen schneebedeckten hohen
Bergen. Es gibt eine Menge an wunderschönen
Übernachtungsmöglichkeiten, wir verbringen hier zwei Tage und
genießen die Stille und die Natur.
Richtung Süden fahren wir den gleichen Weg über Bajram
Curri, anschließend nah der serbischen Grenze (Kosovo)
über Krumë nach Kukës. Landschaftlich kann diese Region mit
dem zuvor Gesehenen nicht mithalten; die Berge sind nicht mehr
so hoch, es sind eher erdige Hügel, dazwischen immer wieder
landwirtschaftlich genutzte Flächen, irgendwie lieblich jedoch
nichts Außergewöhnliches. Südlich von Kukës gewinnt die
Landschaft wieder an Reiz, es wird felsiger, die rotbraune Erde
bildet einen schönen Kontrast zu dem satten Grün der Wiesen.
Tief eingeschnitten liegt der Fluss Drin, dem wir entlangfahren.
Erstmals sind wir heuer mit einem Pocket-PC mit
eingebautem GPS und der Software „Pathaway“ ausgestattet. Welch
ein Unterschied zum bisher verwendeten unhandlichem Notebook!
Die Karte ist einigermaßen genau, es plagen uns keine
Unsicherheiten mehr bezüglich der angestrebten Route.
Über eine mehr als abenteuerliche Brücke überqueren wir am
Talboden den Fluss, abwechselnd führt der Schotterweg einmal den
Berg hinauf, fällt dann wieder auf Höhe des Flusses um
schließlich wieder um einige hundert Meter anzusteigen.
Auf einer der Anhöhen nahe einem fast zur Gänze verlassenen
Dorf schlagen wir unser Lager auf. Ein traumhafter Blick in die
Schlucht des Drin, Bäume, die Schatten spenden und eine
Wasserstelle machen den Platz perfekt. Der Ort würde sich als
Aussteigerparadies anbieten, das notwendige Kleingeld zum
sorgenfreien Leben vorausgesetzt. Man könnte sich eines der
alten Steinhäuser herrichten und einmal für ein oder zwei Jahre
fern des Alltags und jeglicher Verpflichtungen zurückgezogen
leben. Wir träumen eine Weile so dahin, dann vervollständige ich
meine Aufzeichnungen, Ingrid sitzt über unserer Bücherkiste, um
sich ein neues Buch auszusuchen. So geben wir für die drei
Männer, die vorbeikommen und sich an der Quelle erfrischen wohl
ein recht komisches Bild ab: Da sitzen zwei Gestalten aus dem
Ausland auf der Wiese, eine schreibend, eine lesend, und eine
Kiste voller Bücher steht herum. Nach dem Rauchen der
obligatorischen Zigarette und einer ziemlich stockenden
Unterhaltung brechen die drei – wohl in anhaltendem
Unverständnis über unser Tun - wieder auf.
Auf wirklich miserabler Straße setzt sich das Rauf und Runter am
nächsten Tag fort, abermals übernachten wir auf einer Anhöhe
direkt an einer Kreuzung. Den Verkehr, der am Abend noch
einsetzt, haben wir unterschätzt. Wir glaubten uns auf einer
kaum befahrenen Strecke, mehrere LKW am Abend und einige
Sammeltaxis am nächsten Morgen belehren uns eines Besseren.
Diese so genannten Sammeltaxis sind ein weit
verbreitetes und häufig benutztes Verkehrsmittel: Es sind
Kleinbusse, die anscheinend jeden befahrbaren Winkel in Albanien
anfahren, die Menschen zur Arbeit, zum Einkauf oder am Sonntag
zum Ausflugsziel befördern.
Am Vorabend hatten wir noch die Möglichkeit ein langes
Gespräch mit zwei jungen Albanern, einer von ihnen spricht
englisch, zu führen. Die fehlende Perspektive aufgrund
mangelnder Arbeitsmöglichkeiten im eigenen Land und die
Schwierigkeiten in einem neuen Land Fuß zu fassen standen dabei
im Vordergrund. Schmiergeldzahlungen für Papiere, um ins Ausland
zu fahren, sind üblich. Im Ausland scheitert es dann an
Aufenthaltsgenehmigungen und Arbeitsbewilligungen.
Die Einladung, die Nacht in ihrem Dorf zu verbringen, weil es
„sicherer“ sei, schlagen wir aus.
Obwohl wir in den letzten Tagen immer in höheren Regionen
unterwegs sind, setzt uns die Hitze ziemlich zu. Oft ist es auch
schwierig, einen geeigneten Schattenplatz zu finden, große Bäume
sind eher selten und wenn, stehen sie an unzugänglichen Stellen.
Endlich überqueren wir den Qafa-Murrës, einen 960 Meter hohen
Pass südlich des Nationalparks Lurës. Ein Mann mit
einem Esel, dieser ist voll bepackt mit Eisenteilen, leistet uns
zum Mittagessen, zu dem er sich quasi selbst eingeladen hat,
Gesellschaft. Er baue die Teile aus nicht mehr verwendeten
Maschinen des Steinbruchs aus und verkaufe sie in der Stadt.
Richtung Westen fahren wir bergabwärts, der Vorplatz eines
verlassenen Häuschens in einer Kehre wird unser nächster
Übernachtungsplatz, erstmals auf dieser Reise gibt es selbst
gemachtes Fladenbrot.
Dunkle Wolken begleiten uns am nächsten Tag hinunter ins Tal
nach Burrel. Nach dem obligatorischen Einkauf wollen wir
nach Süden über den Qafa e Shtyllës, einem etwas über
1500 Meter hohen Pass, sind jedoch nach den bisherigen
Erfahrungen mit den Straßenverhältnissen nicht sehr
zuversichtlich, dass dieser auch befahrbar ist. Das Gegenteil
jedoch ist der Fall: Anfangs ist es zwar recht holprig, aber mit
jedem Kilometer wird die Straße besser, ein paar heikle Stellen
gibt es zwischendurch, aber nichts wirklich Aufregendes. Zuerst
geht es lang durch den Wald, schließlich fahren wir durch eine
ausgedehnte Almenlandschaft, dazwischen immer wieder verfallene
Gebäude. Am Pass angelangt suchen wir einen Platz, ein leicht
mulmiges Gefühl begleitet uns in dieser Nacht, da abends noch
ein Mann mit Gewehr vorbeispaziert, der anscheinend aber doch
andere Interessen hat, als von uns befürchtet.
Eine lange Tagesetappe führt uns heute vom Pass hinunter nach
Tirana, von dort nach Elbasan und dann bis zum
Ochridsee. Wunderschön sind zuerst noch die
Gebirgslandschaft und der Nationalpark vor den Toren der
Hauptstadt. Je näher wir Tirana kommen, desto mehr Autos
kommen uns entgegen; es ist Sonntag, allem Anschein nach zieht
es die Großstädter auch hier in die Berge auf der Suche nach
frischer Luft und Wasser. An unzähligen Wasserstellen rechts und
links der Straße stehen Menschenschlangen und befüllen alle
möglichen mitgebrachten Behälter mit dem frischen und kühlen
Nass, welches in der Stadt anscheinend Mangelware oder von
schlechter Qualität ist.
Die Hauptstadt durchqueren wir flott und dank gut ausgebauter
Straße geht es zügig nach Elbasan. Zu Mittag lassen wir
uns zur Abwechslung mal bedienen: In einer der unzähligen
Gaststätten direkt an der Straße gibt es eine Riesenportion
Hammelfleisch, gebratene Erdäpfel, Salat und als Abschluss
Melone und Kaffee. Vorzüglich- sofern man es mag.
An der Tankstelle, an der laut Beschilderung „Visa“
akzeptiert wird, kratze ich mit Mühe den getankten Betrag aus
allen Taschen zusammen, da es natürlich ein „Problem mit
Telefon“ gibt, und die Kreditkarte keinen Cent wert ist.
Am Westufer des dunkelblauen Ochridsees (der östliche
und weitaus größere Teil liegt in Mazedonien) finden wir mit
einiger Mühe am Berg oben einen Platz zum Übernachten. Und
wieder einmal vergeblich suche ich noch am Abend nach der
Ursache des scheppernden und besorgniserregenden Geräusches an
der Unterseite des Defenders, welches übrigens nach Beendigung
der Reise ohne Zutun verschwindet.
Schon am Morgen ist es ziemlich warm, von Pogradec am
Südufer des Sees fahren wir nach Korcë, einer
lebhaften Stadt mit viel Verkehr und Menschengetümmel. Von
hier aus machen wir einen Abstecher nach Voskopejë, einem
herausgeputzten Ort mit vielen Hotels aber keinen Gästen.
Vielleicht ist der Juni noch zu früh für betuchte
Sommerurlauber, oder aber es wird auf den Winter gesetzt, obwohl
uns keine Liftanlagen auffallen. Einige Kilometer hinter dem Ort
treffen wir auf eine Kaserne, da und dort tauchen Soldaten auf
und wir machen uns freiwillig aus dem Staub.
Am nächsten Tag besuchen wir Dardhë, einen kleinen,
aus lauter Steinhäusern bestehenden Ort mit engen, steilen
Gassen, südöstlich von Korcë gelegen. Die Nacht haben wir nach
abenteuerlicher Anfahrt auf einem Hügel in der Nähe eines
Sendemastes verbracht, wir genießen eine komplette Rundumsicht
über Dutzende von Kilometern. In den nächsten Tagen ist etwas
Schonung angesagt, ein fiebriger Infekt wird für einige
Zeit mein Begleiter, bei den heißen Temperaturen tagsüber ist
dies nicht sehr angenehm.
Es zieht uns weiter nach Süden, die Landschaft ist bestimmt
durch Weide- und Wiesenflächen, auch bewaldete Gebiete
werden häufiger. Die griechische Grenze im Osten ist nah,
auch sprachlich merkt man den griechischen Einfluss. Und eines
fällt besonders auf: Die Straßen sind hier im Südosten des
Landes besser ausgebaut, es gibt oft Beschilderungen, insgesamt
liegt weniger Müll in der Gegend, in den Ortschaften finden sich
Mülltonnen, die auch als solche verwendet werden.
In Permët angelangt vergleichen wir die digitale mit der
Papierlandkarte; am Papier ist eine Straße über den Gebirgszug
im Westen eingezeichnet, der uns von Gjirokastër trennt,
die digitale Karte schweigt sich darüber aus und behält Recht.
Mit freiem Auge ist auch keine Straße zu erkennen und die
Nachfrage bei einem Einheimischen gibt uns Gewissheit: Wir
müssen weiter nach Norden bis zum nächsten Taleinschnitt und
dann wieder nach Süden nach Gjirokastër, in die „Stadt
der Steine“, wie sie aufgrund ihrer vielen mit Stein
bedeckten Häusern genannt wird. Ein Rundgang durch die Stadt und
der Besuch der Burg wären sicher reizvoll, uns „zwingt“ die
Hitze jedoch in den kühlen Schatten einer Kaffeebar.
Wir freuen uns schon auf das Baden im Meer und die
damit verbundene Abkühlung. Für die Anfahrt nach Sarandë
wählen wir von den zwei möglichen Straßen die schlechtere, aber
ein bisschen Abenteuer muss noch sein, bevor wir uns für drei
Tage dem Luxus eines klimatisierten(!) Zimmers in einem kleinen
Hotel direkt am Meer hingeben.
Die Stadt ist voll von Badetouristen (deutsch
sprechende bilden noch die Minderheit), die Strandpromenade
unterscheidet sich mit ihrem lebendigen Treiben durch nichts
mehr von den Städten anderer Mittelmeerländer. Jeder
Quadratmeter wird baulich genutzt und ein Hotel nach dem anderen
wird aus dem Boden gestampft. Abends blicken wir von unserem
Balkon hinüber nach Korfu, das ja nur wenige Kilometer
entfernt liegt. Korfuurlauber nützen immer öfter das Angebot per
Tragflügelboot zumindest für einige Stunden das „unheimlich
billige, aber immer noch so unsichere Albanien“ zu besuchen. So
zumindest der Wortlaut einiger Befragten in einem Radiobericht
über Albanien, welchen wir zufälligerweise nach Beendigung
unserer Reise im Radio hören. Preislich ist Albanien für uns
natürlich noch ein sehr günstiges Land, meist ist es
jedoch üblich, von „ausländischen Touristen“ den 3- bis 4-fachen
Betrag, den Einheimische bezahlen, zu verlangen. So zumindest
bei den Hotel- und Eintrittspreisen.
Wir nutzen die Tage zum Faulenzen am Strand und
ausgiebigem Baden (das macht die hohen Temperaturen erträglich)
und natürlich für einen Ausflug nach Butrint, einer
Ruinenstätte und wohl der berühmtesten kulturellen
Sehenswürdigkeit des Landes. Es wird hier noch fleißig
ausgegraben, wir brauchen drei Stunden für den Rundgang. Am Ende
nehmen wir noch an einer elendslangen schriftlichen Befragung
des Tourismusverbandes teil, der mehr über die Besucher
Albaniens erfahren will: Zum Lachen bringen uns dabei die
Einkommenskategorien, die weit über die Durchschnittseinkommen
westeuropäischer Länder hinausgehen. Entweder bestehen hier so
falsche Vorstellungen oder es sollen nur mehr die „oberen
Zehntausend“ angesprochen werden.
Nach diesen „Ruhetagen“ tauschen wir das klimatisierte Zimmer
wieder gegen den Sternenhimmel ein. Eine kleine Bucht nördlich
von Sarandë wird in den nächsten Tagen unser zu Hause.
Die Straße dorthin ist in einem unbeschreiblich schlechten
Zustand, dennoch ist der Strand am Wochenende dicht von
Einheimischen bevölkert, abends wird es wieder leer und am
Montag gehört uns die Bucht allein.
Die Zeit ist wieder einmal im Flug vergangen und für uns
bricht schon die vierte und letzte Woche herein; ab nun werden
wir uns möglichst in Küstennähe Richtung Norden bewegen. Noch
gibt es genügend frei zugängliche und unverbaute Strände,
doch Albanien wird es nicht anders ergehen als Jahrzehnten zuvor
anderen Ländern mit Zugang zum Meer. Das schnelle Geld winkt und
immer mehr Regionen werden in den dicken Katalogen diverser
Reiseanbieter auftauchen. Hotels sind schnell gebaut, die
Korruption wird helfen sich über schon bestehende oder gerade
entstehende Auflagen hinwegzusetzen.
In der Nähe von Borsh kommen wir durch Zufall auf den
wohl sichersten Übernachtungsplatz dieser Reise: Nach
Vermittlung des Leiters eines christlichen Kinderferienlagers
dürfen wir uns in den an das Lager angrenzenden Hof der
Polizeistation stellen! Es gibt fließendes Trinkwasser und liegt
nur 30 Meter vom Strand entfernt. Was will man mehr!
Porto Palermo, Himare und Dhërmi liegen am Weg, da und
dort besuchen wir noch (mitunter) menschenleere Strände, die
toll ausgebaute Straße über den Llogara-Pass führt uns
wieder etwas ins Landesinnere. Die Zeit ist schon zu weit
fortgeschritten um uns nach einem passenden Schlafplatz in
freier Natur umzusehen und so beziehen wir eine der Hütten, die
zur Vermietung angeboten werden. Ein Fehler wie sich
herausstellen wird: Das nächtliche Getrippel und Kratzen der
Mäuse lässt wenig Schlaf zu, der Gedanke an den Skorpion, den
ich abends noch im Bad zertrete, und von dem ich Ingrid erst am
nächsten Tag erzähle, trägt das Seine bei.
Auf autobahnähnlicher Straße erreichen wir Vlorë und
dann die Hafenstadt Durrës. Der Nordwesten des Landes
bietet landschaftlich wenig Reizvolles – er wird vorwiegend
landwirtschaftlich genutzt - und wie bei der Einreise nutzen wir
Sukobin zum Grenzübertritt.
In Monte Negro tummeln sich Menschenmassen an den
Stränden, dass wir es kaum fassen können. Welch paradiesische
Zustände hatten wir doch diesbezüglich in Albanien vorgefunden.
Natürlich gibt es auch negativen Seiten: Albanien ist ein
wirtschaftlich armes Land mit all den Auswirkungen auf die
Bevölkerung, Korruption herrscht vor, und die
albanische Mafia spannt ihr Netz über ganz Europa.
Umweltbewusstsein, deutlich sichtbar an der Müllproblematik, ist
praktisch nicht vorhanden.
Und trotzdem: Zu Hause angelangt hat der Defender 3.500
Kilometer mehr am Buckel und wir die schönsten Eindrücke im
Kopf. Das kleine Land bietet tolle Gebirgslandschaften,
beeindruckende Schluchten und Täler, (noch) einsame
Badestrände und man findet freundliche und
aufgeschlossene Bewohner. Und als Geländewagenfahrer muss
man nicht lange suchen sein Gefährt so zu bewegen, wofür es auch
gebaut wurde: Für schlechte Wege und abseits davon. |