Land Rover feiert 2008 60. Geburtstag: Hier finden Sie die
komplette Geschichte des Offroad-Klassikers Defender. Plus 33
historische und aktuelle Fotos ...
In den Nachkriegsjahren durchlebte
Großbritannien eine schwere wirtschaftliche Krise. Wegen der
gewaltigen Schuldenlast für den Wiederaufbau von Industrie,
Infrastruktur und Wohnungen musste der Inlandsmarkt zugunsten
des devisenträchtigen Exports hintanstehen.
Aus dem zerstörten Werk in Coventry verlegte die Rover
Company die Produktion in das Werk in Solihull, wo
man bis Kriegsende Flugzeugmotoren gebaut hatte. In Rekordzeit
wandelte man das Werk in ein Automobilwerk um. Trotz
Materialknappheit – es mangelte vor allem an Stahl – plante das
voraus denkende Rover-Management einen neuen Kleinwagen zur
Erweiterung der Modellpalette. Eine Gesetzesänderung machte
dieses Vorhaben aber zunichte, so dass die Produktionsanlagen in
Solihull nur teilweise ausgelastet waren.
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Bilder)
Da kam Rovers technischer Direktor Maurice
Wilks die rettende Idee. Er hatte auf seinem Bauernhof im
walisischen Anglesey ausgemusterte Militärfahrzeuge eingesetzt,
und war von deren Fähigkeiten so beeindruckt, dass er den Plan
für ein kleines allradgetriebenes Nutzfahrzeug
entwickelte. Da sich ein solches Fahrzeug hervorragend für den
Export eignete, würde das Unternehmen eine höhere Stahlzuteilung
erhalten, aus der man sich auch für den Bau der markentypischen
großen Limousinen bedienen könnte.
Ein Chassis aus Militärbeständen wurde mit einem Motor und
Getriebe von Rover bestückt. Die simple Karosserie fertigte man
aus Aluminium, an dem im Gegensatz zu Stahl kein Mangel
herrschte. Das neue Projekt taufte man auf den Namen Land
Rover.
Auf der Basis dieses Prototyps experimentierte man mit
diversen Ausstattungsvarianten, so auch mit einer später
verworfenen mittigen Lenkposition. Da man vorrangig an den
Einsatz in der Landwirtschaft dachte, versah man das Fahrzeug
mit mehreren Nebenantrieben und testete es auf den zum
Werksgelände in Solihull gehörenden Feldern als Zugmaschine für
Pflüge und allerlei landwirtschaftliches Gerät.
Die heute wohl vertraute Land Rover-Form nahm beim Bau einer
Vorserie von 48 Fahrzeugen allmählich Gestalt an. Die je zur
Hälfte mit Links- und Rechtslenkung ausgestatteten
Vorserienfahrzeuge besaßen einen permanenten Allradantrieb
mit Freilauf zur Verhinderung des Aufziehens der Achse. Legte
man am Zweigang-Verteilergetriebe die Geländeuntersetzung
ein, war der Allradantrieb gesperrt. Als Antrieb diente ein
1,6-Liter Rover-Motor, und auch die modifizierten Achsen
stammten ursprünglich von einem Rover. Die mit Hubtüren
versehene Aluminium-Karosserie war bereits ausgereifter als die
des Prototyps, bestand aber weiterhin großteils aus flachen
Blechen, für deren Fertigung man keine teuren Werkzeuge
benötigte. Das aus den Stahlresten anderer Pressvorgänge
gefertigte Kastenrahmen-Chassis war zum Schutz vor Korrosion
verzinkt.
Bei seinem Debüt am 30. April 1948 auf der Amsterdam Motor
Show kam der neue Land Rover sowohl beim Publikum als auch
bei der Fachpresse auf Anhieb sehr gut an. Der Erfolg des neuen
Modells war derart durchschlagend, dass seine Produktion bereits
Ende des Jahres auf dem besten Wege war, die der anderen
Rover-Modelle zu überflügeln.
Ergänzend zu der im In- und Ausland erfolgreichen
Nutzfahrzeugvariante des Land Rovers entwickelte man bald schon
eine luxuriösere Kombiversion mit einem vom
Karosseriebauer Tickford gefertigten Aufbau. Neben der mit
Aluminium verkleideten Holzrahmenkarosserie besaß der
Station Wagon zahlreiche moderne Ausstattungsmerkmale. Zwar
blieben wegen des hohen Preises die Verkäufe im Inland gering,
dafür ging der überwiegende Teil der Produktion ins Ausland, wo
der Station Wagon unter anderem von Organisationen wie der
UNICEF eingesetzt wurde.
Zwei Jahre nach seiner Einführung bewahrheiteten sich die
Prognosen, und der Land Rover belegte den Großteil der
Produktionskapazitäten in Solihull. Im Zuge der Modellpflege
bekam der Land Rover einen stärkeren Motor und einen
zuschaltbaren Allradantrieb. Dieser schaltete beim Einlegen
der Geländeuntersetzung automatisch die Vorderachse zu, konnte
bei Bedarf aber auch in der Straßenuntersetzung verwendet
werden.
Eine grundlegende Weiterentwicklung erfolgte 1951
mit der Verlängerung des Radstandes von 80 auf 86 Zoll
(2032 mm auf 2184,4 mm), wodurch sich die Ladefläche um 25
Prozent vergrößerte. Zugleich führte man eine neue
Kombivariante mit einer in Solihull entwickelten
Metallkarosserie ein. Diese war erstmals mit einem vom
Innenblech abgesetzten 'Tropendach' erhältlich, dessen
isolierende Luftschicht in heißen Klimazonen zur Kühlung des
Innenraums beitrug. Eine weitere Neuheit waren die seither zu
den typischen Stilmerkmalen von Land Rovers zählenden 'Alpine
Lights'. Zudem erhielt der Land Rover einen größeren Bruder in
Gestalt der Long Wheelbase Version, die wahlweise in Truck Cab-
und in Kombi-Ausführung erhältlich war. Optional wurden eine 'De
Luxe' Innenausstattung sowie ein Radio und eine Heizung
angeboten.
Die Einführung eines 2,0-Liter Dieselmotors im Jahr 1957
erforderte eine weitere Verlängerung des Radstandes auf 88
Zoll (2235,2 mm) beim Standardmodell und auf 109 Zoll
(2768,6 mm) bei der Langversion. Neu an der Series II war
auch die Karosserie mit seitlich gewölbten Blechen zum
Unterbringen der breiter gespurten Achsen – Ergebnis der
erstmaligen Mitarbeit des Rover-Designteams an einem Land Rover.
Hauptnutznießer der Stilübung war die Kombi-Langversion, die
endlich ihre plumpe Form verlor.
Der ursprünglich eingesetzte Dieselmotor war die erste nicht von
einem Pkw-Motor abgeleitete Eigenentwicklung für den Land Rover.
Er wurde schon bald von einer neuen Land Rover Motorbaureihe
abgelöst, welche die hängende Ventilanordnung beibehielt, dafür
aber auf die separaten nassen Zylinderbüchsen verzichtete. Die
zuerst eingeführte Benzinervariante wurde auch im Rover 80
verbaut. Der danach eingeführte Dieselmotor besaß eine
von Rover entwickelte heiße Zündkerze für die bessere
Verbrennung. Seine Einführung im Jahr 1961 markierte
zugleich den Übergang zur neuen Modellgeneration, der Series
IIA.
Auf der Suche nach neuen Märkten stellte Rover
im darauf folgenden Jahr mit dem Forward Control eine
neue Frontlenkervariante des Land Rovers vor, deren
Standard-Chassis mit einem separaten Aufnahmerahmen versehen
war. Obwohl schwer und untermotorisiert fand der Forward Control
wegen seiner Ladefähigkeit viele Abnehmer. Spätere Versionen
besaßen breiter gespurte Achsen und modifizierte Federlager zur
Verbesserung der Stabilität. Ein 2,6-Liter
6-Zylinder-Benziner aus Rover-Beständen sorgte für mehr
Zugkraft. Diese Triebwerksoption wurde später auch in das
Motorenprogramm für Modelle mit langem Radstand aufgenommen.
Das Militär und andere Behörden zählten schon bald zu den
wichtigsten Abnehmern von Land Rovern. Zu den für das britische
und ausländische Militär entwickelten Sondermodellen gehörte
auch der ab 1968 gebaute ‘Lightweight’ oder ½-Tonner.
Dieses auf der Land Rover Kurzversion basierende Sondermodell
besaß neben einer Vielzahl weiterer Modifikationen auch eine
neue militärtaugliche Karosserie mit abnehmbaren Blechen. Bei
dem 1975 in Dienst gestellten Land Rover 101 Forward Control
oder 1-Tonner handelte es sich ebenfalls um eine reine
Militärausführung mit einer Variante des für den Land Rover
entwíckelten permanenten Allradantriebs.
Die 1971 eingeführte Series III wies zahlreiche
Neuerungen auf. So hatte man das Äußere unter anderem durch eine
bereits früher geänderte Leuchtenanordnung und einen
neuen Kühlergrill aus Kunststoff aufgefrischt, und den
Innenraum durch eine Polsterung für das Armaturenbrett sowie ein
neues Kombiinstrument und verbesserte Heizungsschalter
aufgewertet. Zu den technischen Neuheiten gehörten neben einer
Synchronisierung für alle Vorwärtsgänge auch eine
schaltungsfreundliche, größere Kupplung.
Der 1979 eingeführte Land Rover V8 war das
Ergebnis beträchtlicher Investitionen zur Steigerung der
Produktion. Das neue Modell besaß eine gedrosselte Version des
niedrig verdichteten 3,5-Liter V8-Motors aus dem Range
Rover, der auch das integrierte Getriebe und Verteilergetriebe
für den permanenten Allradantrieb beisteuerte. Der neue Motor
erforderte eine größere Motorhaube mit neuem Grill. Mit
seiner neuen Palette hellerer Sonderfarben sollte der Land Rover
V8 ausschließlich als Langversion angeboten werden, obwohl man
auch einige wenige Kurversionen baute.
Für die nochmalige Erweiterung des Modellangebotes sorgte drei
Jahre später der High Capacity Pick Up. Bei diesem
extrabreiten Modell mit zwei Meter langer Ladefläche und
modifizierten Radhäusern kamen neben der Vollaluminiumbauweise
erstmals dünnwandige Gussteile zum Einsatz. Zeitgleich wurde die
neue 'County'-Baureihe edler Kombis eingeführt.
Eigenständige Merkmale der County-Versionen waren neben den neu
gestalteten Sitzen, der hochwertigen Innenausstattung und den
getönten Scheiben eine eigens für die Modelle reservierte
Farbpalette und elegante Karosseriezierstreifen.
Der 1983 in Dienst gestellte Land Rover One Ten
besaß ein modifiziertes Range Rover Chassis mit einem Land Rover
Aufbau. Im Vergleich zur Range Rover Architektur war das Chassis
des One Ten mit seinen tieferen Längsträgern und größeren
langhubigen Schraubenfedern wesentlich stabiler. Die Kombis
der County-Reihe verfügten zusätzlich über eine verbesserte
Version der Niveauregulierung aus dem Range Rover. Die Land
Rover-typische Form wurde durch eine neue tiefere und einteilige
Windschutzscheibe, durch neue Schiebefenster an den
Türoberseiten und durch die den breiter gespurten Achsen
geschuldeten Kotflügelverbreiterungen aus Kunststoff nur
unwesentlich verändert. Parallel wurde als Version mit
verlängertem Radstand der Land Rover 127 eingeführt, für
dessen Crew Cab Aufbau dank der Modulbauweise des Land Rovers
nur wenige neue Teilen benötigt wurden. Von dem wegen seiner
Ladefähigkeit und Vielseitigkeit überaus beliebten Modell wurden
zahlreiche Sonderausführungen, speziell für
Energieversorgungsunternehmen, gebaut.
Land Rover Pionier Maurice Wilks
Dem One Ten folgte bereits ein Jahr später der kurze Land
Rover Ninety. Der vom Grundkonzept seines größeren Bruders
nur geringfügig abweichende Ninety besaß einen kleineren
seitlichen Kraftstofftank, und wurde als Pickup, als
7-Sitzer-Kombi, sowie in Ausführungen mit durchgehendem
Faltdach oder mit Hardtop angeboten. Für alle Land Rover
wurden zur Steigerung des Komforts neue einteilige Seitentüren
mit Kurbelfenstern eingeführt.
Um im europäischen Wettbewerbsumfeld besser bestehen zu können,
entwickelte Land Rover eine turboaufgeladene Version seines
bewährten 4-Zylinder-Diesels mit 30 Prozent mehr Leistung.
Zusammen mit ihm wurden 1986 im Rahmen der Modellpflege neue
Türverkleidungen und Türdruckschlösser zur Verbesserung von
Komfort und Sicherheit eingeführt.
In Vorbereitung auf die Einführung des ‘Discovery’
änderte Land Rover mit großem Aufwand sein Markenimage. Für das
Kultmodell, nach dem das Unternehmen sich benannt hatte, musste
ein eigener Name gefunden werden. Man entschied sich für ‘Defender’
als Ausdruck für die Stärke und den Status des Produkts, und
präsentierte den neuen Namen 1990 zeitgleich mit der
Einführung des 2,5-Liter Direkteinspritz-Dieselmotors vom
Typ 200 Tdi. Neben deutlich mehr Leistung und Drehmoment
bestach das zuerst im Discovery verbaute Triebwerk durch einen
geringeren Verbrauch. Als Zeichen der neuen Identität trugen die
unterschiedlichen Varianten fortan die Modellbezeichnung
Defender 90, 110 und 130.
Der neue Name verlieh dem Kultmodell einen
zusätzlichen Erfolgsschub. Für den heimischen Markt erweiterte
man die County-Reihe um zusätzliche Varianten mit
besseren Sitzen, höherwertigem Interieur und einer
reichhaltigeren Ausstattung – unter anderem auch einer
Metallic-Lackierung. Anlässlich der Eröffnung von Land Rover
North America im Jahr 1992 baute man eigens für die USA ein
Sondermodell des Defender 110 Station Wagon. Neben einer
Einspritzversion des 3,5-Liter V8-Benzinmotors besaß das
Modell einen markanten äußeren Überrollkäfig. Ein Jahr später
folgte eine US-Version des Defender 90 mit abnehmbaren
Türoberseiten, einer angeschlagenen Heckklappe mit
Reserveradhalter, sowie passendem Softtop und
Leichtmetallrädern. Eine Sonderserie für den britischen Markt –
der Defender SV90 – lehnte sich, abgesehen vom
Dieselmotor, ausstattungsmäßig weitgehend an die amerikanische
Version an.
Oftmals und grundlegend verbessert, erreichte der Tdi-Motor
schließlich im 300 Tdi seine definitive Form, bevor
er 1998 seinen Platz für einen komplett neu entwickelten
Nachfolger räumen musste – den Td5. Mit fünf Zylindern
und einer elektronischen Einspritzung bot dieser 2,5-Liter Motor
dank eines elektronischen Motormanagements noch mehr Leistung
und Drehmoment. Neue ABS-Bremsen und eine
elektronische Traktionskontrolle für alle vier Räder sorgten
für verbesserte Brems- und Traktionseigenschaften. Ursprünglich
eine Sonderausführung, wurde die Double Cab Version des Defender
110 später in das Modellprogramm aufgenommen. Anlässlich des
50. Geburtstags brachte man eine Sonderserie des Defender
90 Station Wagon mit V8-Benzinmotor auf den Markt.
Im Rahmen der Modellpflege führte man 2002 neue
Türen aus Pressstahl ein. Sie waren besser abgedichtet und
leichter zu betätigen, und erlaubten zudem den Einbau von
elektrischen Fensterhebern und einer Zentralverriegelung. Die
Bedienschalter für die neuen Ausstattungsmerkmale waren in einer
neuen Konsole am umgestalteten Armaturenbrett untergebracht.
Fahrwerk und Bremsen wurden ebenfalls verbessert.
2007 kam der Defender erneut in den Genuss eines
umfangreiches Modellpflegeprogramms. Zu den Neuheiten
gehören neben einer auf die außergewöhnlich harten
Einsatzbedingungen des Defenders abgestimmten Version des
bekannten Ford Puma 2,4-Liter Direkteinspritz-Diesels
auch ein neues Sechsganggetriebe, dessen breitere
Gangabstufung die Fahreigenschaften im Gelände ebenso verbessert
wie den Fahrkomfort auf der Straße. Ein markantes neues
Armaturenbrett bietet neben der markentypischen
Instrumentierung auch Platz für eine neue leistungsstärkere
Heizungs- und Belüftungsanlage sowie für ein höherwertiges
Audiosystem. Die komplett nach vorne ausgerichtete Bestuhlung
bietet noch mehr Komfort. Die unverwechselbare Form des
Defenders blieb weitgehend unverändert, lediglich die
Motorhaube erhielt wegen des zusätzlichen Platzbedarfs des
Motors eine neuartige Wölbung.
Fotos: Land Rover,
gelaendewagen.at
Der Text stammt aus einer Presseinformation von Land Rover.