Renault Koleos - das SUV vom "Créateur d'Automobiles"
Optisch eigenständig und wider den SUV-Mainstream präsentiert
sich der neue Koleos, mit dem Renault als einer der letzten
großen Automobilhersteller auf den SUV-Zug aufspringt.
Die Frontpartie unverkennbar Renault, die Seitenansicht
von sanften Rundungen dominiert, am ziemlich flachen Heck
blitzt ein bisschen "Sports Activity Coupé" durch, dazu die
gattungstypische Hochbeinigkeit: Der Renault Koleos ist
einerseits eindeutig als SUV zu erkennen, unterscheidet sich
aber - zumindest optisch - dennoch deutlich vom Mitbewerb.
Was wohl auch notwendig ist, um sich als Spätstarter im Segment
die entsprechende Aufmerksamkeit zu sichern.
Jedenfalls kann die Karosserie durchaus gefallen. Bei der
praktischen Anwendung des Koleos ist wohl die zweigeteilte
Heckklappe am augenfälligsten - zweigeteilt auch die Meinung
der potenziellen Käufer dazu: Manche lieben sie, weil sie bei
diversen Outdoor-Aktivitäten auch mal als Tischersatz bei der
Brettljause durchgeht, andere hassen sie, weil sie das Beladen
des mit 1.380 Litern durchaus akzeptabel großen Kofferraumes
doch nicht ganz einfach macht.
Für ungetrübte Freude sorgte der Innenraum, der uns mit
dezent-elegantem Luxus umfing. Schließlich hatte uns Renault die
Topversion des Koleos, den "Privilège" zur
Verfügung gestellt. Die Variante "carbon" lässt mit
dunklem Leder, gelungenem Aludekor, beheizbaren
Sitzen, einem tollen Bose-Soundsystem und einem
Panorama-Glasdach kaum Wünsche offen. Angesichts der
High-End-Ausstattung geht der Kaufpreis des Spitzenmodells von
rund 36.500 Euro mehr als in Ordnung. Extras gibt es für
diese Variante kaum noch - einzig das DVD-Navi für 2.131 Euro
und eine Metallic-Lackierung um 532 Euro könnten das
Haushaltsbudget noch mehr belasten. Zusätzlich zu den
beschriebenen Luxus-Features erhält der Koleos-Käufer ein
tadelloses, weil vollständiges Sicherheitspaket und gute
ergonomische Bedingungen für eine entspannte Fahrt. Etwas
ungewöhnlich, aber durchaus erlernbar ist die Bedienung des
Navis mittels Schaltern an der Mittelkonsole.
Der Motor in unserem Testwagen, der 2 Liter Diesel, übte
sich in kühlem Understatement, vibrations- und überaus leise
verrichtete er seinen Dienst. Understatement deshalb, weil das
Aggregat in seiner stärksten Ausprägung mit stolzen 173 PS
für überaus sportliche Fahrleistungen sorgen kann. Diese
Topmotorisierung erwirbt man um einen Aufpreis von nur rund 850
Euro gegenüber dem Standard- und wahrscheinlich Volumensmotor,
dem gleichen 2 Liter Diesel mit 150 PS. Um dieses Geld gibt's
auch 40 Newtonmeter extra - 360 davon gibt der 173PSer an die
Kurbelwelle weiter. Erfreulich und ein wenig überraschend: Die
stärkere Variante braucht nur unwesentlich mehr Sprit, 7,5
Liter Diesel gönnt sie sich auf 100 Kilometer, die 150 PS
Variante kommt mit 7,3 Litern aus. Überaus akzeptable Werte für
einen rund 1.700 Kilogramm schweren Wagen.
Für seine Durchzugsstärke, Elastizität und Kultiviertheit hätte
sich der Motor die höchste Punktezahl verdient. Ein
winziges Minus hat dies vereitelt: Unter sämtlichen
Betriebsbedingungen, egal ob kalt oder heiß, schaltete sich im
Motorraum der Kühlerlüfter zu - immer nur für ein paar
Sekunden. Sein unangenehmes Betriebsgeräusch verlieh dem Motor
eine gewisse Angestrengtheit, so also hätte man den Wagen gerade
mit Topspeed über die Autobahn gejagt oder ihn stundenlang im
Stau geparkt.
Gutes dürfen wir vom 6-Gang-Schaltgetriebe berichten.
Über den Hebel mit dem überraschend großen Schaltknauf lässt es
sich problemlos und ganz easy bedienen, die Übersetzung ist -
mit Ausnahme eines, subjektiv empfunden, zu wenig weit
gespreizten 2. Ganges - sehr gut gelungen.
Beim Allradantrieb (der im Unterschied zu den
Basismodellen im von uns gefahrenen Topmodell "Privilège" Serie
ist) griff Renault auf die Kompetenz von Allianzpartner
Nissan zurück. So kommt im Koleos das selbe System wie im
Qashqai zum Einsatz. Das heißt konkret: Über eine
Lamellenkupplung kann die Antriebskraft an alle 4 Räder
verteilt werden, im schwierigeren Terrain lässt sich das
mittlere Differenzial per Knopfdruck sperren, um eine fixe
Kraftaufteilung zwischen Vorder- und Hinterachse zu erreichen.
Auch hier eine kleine Non-Konformität: Im Normalbetrieb ist der
Allrad aktiv und muss explizit abgeschaltet werden - bei reinem
Frontantrieb leuchtet am Armaturenbrett dann die Anzeige "2WD".
Bei den meisten anderen SUVs ist es ja umgekehrt, dass der 4WD
zugeschaltet werden muss.
Abseits dieser Erbsenzählerei unsererseits halten wir fest, dass
Renault mit dem Koleos durchaus ernstzunehmende
Offroad-Ambitionen hat. Sitzt eine ebenso ambitionierter
Offroader hinter dem Steuer, bieten sich ihm eine Fülle an
Goodies, die das SUV zu einem Fast-Geländewagen machen: Dazu
zählen die Bergab- und Berganfahrhilfe, die mit 18,6
Zentimetern ausreichend dimensionierte Bodenfreiheit, die
relativ kurzen Überhänge und die bereits erwähnte
Möglichkeit, das Mitteldifferenzial zu sperren. Der
Unterfahrschutz vorne und hinten dient allerdings
ausschließlich kosmetischen Zwecken, wie auch Renault im
Prospekt dankenswerterweise festhält: Die darin gefundene
Wortkreation "optischer Unterfahrschutz" hat uns doch auch ein
wenig amüsiert.
Dass das Fahrwerk für den Straßenbetrieb eher weich und
komfortabel ausgelegt ist, kommt dem Fahrer auch im Gelände
zugute: Im Unterschied zu den meisten anderen SUVs ist beim
Koleos zumindest ansatzweise eine Achsverschränkung erkennbar.
Das "verlängert" prinzipiell die Traktion, die dann aber - wie
beim Mitbewerb - von den nicht ernsthaft geländetauglichen
Straßenreifen vernichtet wird.
Doch auch wenn der Koleos mit besserer Geländegängigkeit
aufwarten kann als die meisten seiner direkten Konkurrenten,
wird er von den meisten Menschen wohl ausschließlich auf der
Straße verwendet werden. Um das festzuhalten: Das angesprochene,
recht weiche Fahrwerk macht sich hier nie negativ bemerkbar.
Wanken und Schwanken gibt es dank des in allen Varianten
serienmäßigen ESP kaum, der Koleos-Fahrer erfreut sich an
durchaus PKW-ähnlichen Fahreigenschaften.
Während unseres einwöchigen Tests war das Wetter
unglaublich schlecht - ideale Bedingungen also, ein Allradauto
zu testen (Horrorbedingungen übrigens, um ein Auto zu
fotographieren - siehe Bilder): Auch auf den seifig/nassen
September-Straßen gab sich unser Testwagen dank ESP und
permanentem Allradantrieb keinerlei Blößen.
Zusammengefasst: Individualität, ausgezeichnete
Ausstattung, ansprechendes Fahrverhalten, ein gutes
Preis-/Leistungsverhältnis und kaum Kritikwürdiges ergeben ein
sehr gelungenes Gesamtpackage - der Renault Koleos hat einen
überaus positiven Eindruck hinterlassen. Mehr Bilder!