Toyota Land Cruiser  300 VX Automatik
Das Spitzenmodell des Land Cruiser 300, der "VX" im Onroad- und Offroad- Test ...
8.11.2003
Wie oft hat man es in Geländewagen- und SUV-Testberichten schon gelesen: "Ein Auto, das sowohl auf der Straße als auch im Gelände gute Figur macht" ... oder sinngemäß. Den Autoren solcher Berichte sei einmal keck unterstellt, dass sie mit den jeweiligen Testvehikeln nie im wirklich schweren Gelände waren - oder einfach die Werbetexte der Hersteller unkommentiert und -verifiziert übernommen haben. Sonst hätten sie herausgefunden, dass es bisher kaum Fahrzeuge gegeben hat, die in beiden Metiers wirklich überzeugen können.

Toyota ist mit dem Land Cruiser 300 der Spagat gelungen, an dem die meisten anderen Hersteller bisher gescheitert sind: Nämlich einen Geländewagen zu bauen, der auf der Straße großlimousinenhafte Fahreigenschaften aufweist und im Gelände selbst dort noch hinkommt, wo der Wanderer zum Kletterer wird.

Innenraum
Doch der Reihe nach: Der Weg ins Gelände führt ja meist über befestigte Straßen. Selten jedoch hat schon die Anfahrt zum Offroad-Test so viel Spaß gemacht und war für Fahrer und Passagiere so entspannend wie im neuen Land Cruiser. Im Innenraum fühlen sich 5 - wenn die 3. Sitzreihe geordert wurde auch 7 - Passagiere pudelwohl. Dafür sorgt die umfangreiche Ausstattung: Dazu zählen eine für Fahrer und Beifahrer getrennt regelbare Klimaanlage, ein ergonomisch perfektes CD-/Kassettenradio mit 6-fach CD-Wechsler und bequeme Sitze. Dass elektrische Helferlein für Fenster und Spiegel vorhanden sind, bräuchte fast nicht erwähnt zu werden. Besonders der Fahrer wird zusätzlich verwöhnt: Das Lederlenkrad ist längs und in der Höhe verstellbar, der Fahrersitz so verstellbar, dass auch Sitzriesen komfortabel untergebracht sind, Automatik und Tempomat ermöglichen entspanntes Fahren.

Auch bei der optischen Gestaltung hat sich Toyota viel Mühe gegeben: Das Multi-Info-Display zeigt sich in Eisblau, die Armaturentafel in "Optitron"-Technologie ist ein Augenschmaus. Dass sich Alu-Applikationen direkt neben Wurzelholz finden, ist aber fast schon zuviel des Guten.

Sicherheit
Der Land Cruiser setzt im 4x4-Segment Maßstäbe in puncto Insassenschutz: Die Hinterbank ist mit 3 Stück 3-Punkt-Gurten ausgerüstet, neben Fahrer- und Beifahrer-Airbags gibt es auch Seiten- und Kopfluftsäcke. ABS ist ebenso serienmäßig mit an Bord.

Onroad
Der Japaner fährt sich auf der Straße fast wie ein Pkw. Unebenheiten werden vom Fahrwerk perfekt ausgebügelt. Der Geradeauslauf ist hervorragend, in schnellen Kurven ist der Wagen bis in den - von uns zugebenermaßen nicht exakt ausgeloteten - Grenzbereich gutmütig, die Seitenneigung ist kaum zu spüren. Wird das optional erhältliche hydropneumatische Fahrwerk mitgeordert, wird die Karosserieneigung sogar vollelektronisch ausgeglichen, indem in Kurvenfahrten die äußeren Stoßdämpfer härter, die Inneren weicher eingestellt werden.

Der 160 PS starke Common-Rail-Motor stellt, sobald warmgelaufen, immer ausreichend Power zur Verfügung und hat mit dem doch über 2 Tonnen schweren Wagen recht leichtes Spiel. Einem Vertreter der Golf-Fraktion, der uns an einer Ampel mit typisch Wienerischem Charme spontan zum Beschleunigungs-Vergleichstest einlud, durften wir die (optisch ebenfalls gelungene) Heckpartie des Land Cruisers präsentieren.

In Zeiten der 5-Gang-Automatikgetriebe erscheint ein 4-Gang-Automat nicht mehr ganz zeitgemäß. Doch Motor und Getriebe gehen im VX eine perfekte Symbiose ein - wir gerieten in keine Situation, wo wir uns einen 5. Gang gewünscht hätten. Das Wort "seidenweich" sei auch hier als Beschreibung für die Schaltvorgänge erlaubt. Den Kickdown beim Überholvorgang quittiert das Getriebe prompt und lässt den Motor all seine Kraft entfalten. Da das maximale Drehmoment bereits ab 1600 Umdrehungen zur Verfügung steht, gibt es beim Beschleunigen fast keine Verzögerung - die berühmt-berüchtigte Nachdenksekunde gehört in diesem Wagen der Vergangenheit an.

Auch auf der Autobahn - wenn es nicht gerade eine in Deutschland ist - fühlt man sich im Japaner wohl. Bei 130 km/h ist entspanntes, ruhiges Cruisen angesagt. Die Höchstgeschwindigkeit wird mit 170 km/h angegeben.

Offroad
Der Name Land Cruiser war schon immer fast ein Synonym für Geländegängigkeit. Als der 300 dieses Jahr präsentiert wurde, gab es schnell Stimmen, die ihm diese angesichts der "gesofteten" Optik absprechen wollten. Doch weit gefehlt: Toyota setzt auf eine Kombination aus Altbewährtem und Hightech und macht den Land Cruiser zu einem echten Allesüberwinder - selbst im schweren Gelände. Die Zutaten dazu: Permanenter Allradantrieb, ausgezeichnete Verschränkung, 70 cm Wattiefe, sperrbares Mitteldifferential, 100%-Differentialsperre an der Hinterachse, kurze Untersetzung, Power in allen Drehzahlbereichen.

Die Einfahrt ins Offroad-Gelände ist schlammig/rutschig, zum Teil durch den frühen Wintereinbruch sogar gefroren. Mittels des zweiten Schalthebels wird - während der Fahrt - das Mitteldifferential gesperrt. Trotz der Straßenbereifung pflügt der Land Cruiser durch den Schlamm, ohne dass ein Rad durchdreht. Dafür sorgt "A-TRC", die (optionale) Antriebsschlupfregelung.

Ab zum Testen ins Gelände. Davor gibt es noch eine ca. 30 cm tiefe, 20 Meter lange Schlammpfütze zu überwinden, die noch dazu an der Oberfläche angefroren ist. Also zur Sicherheit die Untersetzung eingelegt.

Der Reifen brechen durch das Eis und mahlen sich durch den schlammigen Untergrund. Kein Problem, die erste leichte Übung ist absolviert. Beim ersten Überfahren eines steilen Hügels sind wir extrem vorsichtig, gilt es doch, den Wagen kratzerlos zurückzubringen. Der Grund für die Vorsicht sind die tief hängenden, recht weichen seitlichen Trittbretter. Sie schränken die Bodenfreiheit - und damit die Geländegängigkeit des Land Cruisers insgesamt - leider deutlich ein. 

Wir schaffen es knapp, den Hügel zu überwinden. Bei der danach folgenden steilen Bergabfahrt ist der Automatikwahlhebel auf "L" - das Getriebe somit im ersten Gang gesperrt. Problemlos lassen sich damit steile Abfahrten schaffen.

Die kurze Übersetzung sorgt dafür, dass der Wagen selbst bei extrem steilen Bergauffahrten immer ausreichend Kraft hat.

Dann geht es in die Verschränkungspassage - und wir sind überrascht, wie spät der 300 ein Hinterrad lüpft. Wir wollen es jetzt wissen und fahren noch tiefer in die Verschränkung, bis der Wagen schön ausbalanciert auf einem Vorder- und einem Hinterrad ruht - hier findet der Vortrieb sein Ende. Fände sein Ende, gäbe es da unter dem Lenkrad nicht noch diesen Drehknopf ... Geräuschlos rastet die 100-prozentige Differentialsperre ein. Ein sanfter Druck aufs Gaspedal - und weiter, weiter, weiter geht's, bis eine innere Stimme angesichts der bösen Schräglage zur Vernunft mahnt und wir den Retourweg antreten. 

Zur Getriebeuntersetzung sei erwähnt, dass diese nur mit gesperrtem Mitteldifferential einzulegen ist. Was offroad logisch ist, kann für jene Land Cruiser-Fahrer unpraktisch sein, die mit dem Wagen auch Anhänger ziehen - ein Rangieren in Untersetzung auf festem Untergrund ist unmöglich.

Alles in allem hat uns der 300 im Gelände mächtig beeindruckt. Grenzen sind dem Wagen nur durch das (lösbare) Problem mit den Trittbrettern gesetzt. An dieser Stelle sei auch angemerkt, dass es den Land Cruiser natürlich auch in einer weniger luxuriösen Variante - als "Country" gibt. Hier entfällt das Trittbretter-Problem, dafür gibt es serienmäßig wiederum keine Differentialsperre an der Hinterachse (diese ist allerdings für moderate € 300,-- orderbar).

Testfazit
Angesichts der Performance des Land Cruisers - sobald auf der Straße als auch "offroad" - werden sich wohl alle künftigen Testfahrzeuge an ihm zu messen haben. Und sie werden es nicht leicht haben - der 300 hat die Latte gewaltig hoch gelegt. 
 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Toyota Land Cruiser 300 VX Automatik:
Daten und Fakten

Motor: Reihen-Vierzylinder Turbodiesel mit Direkteinspritzung und Common-Rail-System, 16 Ventile, DOHC
Leistung: 120 kW / 163 PS bei 3.400 U/min
Getriebe/Antrieb: 4-Gang-Automatikgetriebe, permanenter Allradantrieb, Getriebeuntersetzung (2,566:1), sperrbares Mittel- und Hinterachsdifferential, Traktionskontrolle TRC, Fahrdynamiksteuerung VSC
Tankinhalt: 87 Liter
Fahrwerk: Vorne Einzelradaufhängung, Doppelquerlenker, Gasdruckstoßdämpfer, Schraubenfedern; Hinten einteilige Achse, Gasdruckstoßdämpfer, Panhardstab und Stabilisator
Bremsen: innenbelüftete Scheibenbremsen vorne und hinten
Länge / Breite / Höhe: 4850 mm / 1875 mm / 1905 mm
Eigengewicht: 2070 kg
Bereifung: 265/65R17 auf Felgen 17x7,5 
Geländespezifische Daten:
Böschungswinkel: 32° vorne, 27° hinten
Rampenwinkel: 20°
Wattiefe: 70 cm 
Maximale Steigfähigkeit: 42°
Kippwinkel: 42°
 
Text und Fotos: gelaendewagen.at
 
Wir danken der Toyota Frey Austria Ges.m.b.H.
für die Zuverfügungstellung des Testfahrzeuges!





 
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