Der Rexton II wird durch die Verkaufsstrategie von SsangYong,
vor allem aber durch seine Karosserieform und der zahlreichen
PKW-Features allgemein als SUV eingestuft. Aus technischer Sicht
gehört der Rexton II jedoch auf Grund seines Aufbaus mit
Leiterrahmen, einem zuschaltbaren Allradantrieb und
Geländeuntersetzung zur Kategorie der „echten“
Geländefahrzeuge.
proVENTURE hatte erstmals die Möglichkeit den Rexton II nicht
nur im Offroad Betrieb, sondern auch Onroad am
Fahrsicherheitszentrum „Driving Camp“ in Pachfurth
ausgiebig zu testen.
Der folgende Bericht bezieht sich auf die Fahreigenschaften des
mit einem 5-Gang Automatikgetriebe ausgestattetem Modells
„Premium“, welches serienmäßig mit einer reinen
Sommer-Straßenbereifung (255/65/16) und integrierten
Trittbrettern ausgestattet ist.
1. Off Road
Verschränkungstest =
Verschränkungen bis 25cm sind dank des guten
Hinterachs-Federwegs kein Problem. Mit Hilfe des ASR und dem ABD
können aber auch stärkere Verschränkungen gemeistert werden. Ab
jetzt ist jedoch etwas Offroaderfahrung erforderlich, um den
Vortrieb kontrollieren zu können. Durch kontinuierliches „Gas“
geben in dieser Situation wird die Traktionskontrolle
aktiviert. Da diese etwas verzögert einsetzt, muss man früher
„Gas“ geben als üblich. Der Vortrieb greift dann abrupt und das
Auto wird stärker beschleunigt als man möchte. Bei
kontinuierlicher Vorwärtsbewegung hilft das automatische
Bremsdifferential meist über die kritische Stelle zu kommen.
Beim Überschreiten der maximalen Verschränkung (maximale
Rahmenverwindung) lassen sich Dank der robusten Ausführung alle
Türen (auch die Heckklappe) leichtgängig öffnen und schließen.
Daher ist nicht mit einer übermäßigen Belastung der Karosserie
bei rauem Geländebetrieb zu rechnen.
Mulden und Kuppen =
Durch die guten Böschungswinkel, vorne 28°, hinten 25°,
besteht kaum Gefahr mit den Stosstangen aufzusitzen. Etwas
gefährdet sind die Kabel der Rückfahrsensoren. Bei größeren
Schlammanhäufungen oder rauem „Kärcherbetrieb“ könnten diese
abreißen.
Der zu geringe Rampenwinkel stellt einen echten Nachteil
dar. Auf Grund des Radstandes von 282cm können nur kleine Kuppen
direkt überfahren werden. Selbst ein exaktes Auslenken (Fahren
in S-Linie) reicht in den meisten Fällen nicht aus. Die
integrierten Trittbretter stellen eine weitere Gefahr dar, da
ein „Verschieben“ unweigerlich Schäden an der Karosserie
verursacht. Das Endrohr ist sehr geschickt abgeschrägt,
sodass es sich bei Berührung (vor allem beim Rückwärtsfahren)
nicht in den Boden bohrt.
Schrägfahrt +
Eine Spurbreite von 155cm und ein relativ niedriger
Schwerpunkt machen den Rexton II auf der glatten Schrägfahrt (im
Test ca. 40°) sehr stabil. Auf der schrägen, unebenen
Teststrecke (bis 45° Neigung) war unter den Testbedingungen bei
40° Schluss. Durch das komfortabel abgestimmte Fahrwerk federt
die Karosserie stärker ein, die Spurtreue nimmt ab und das
Fahrzeug rutscht ab.
Steilhänge +
Steilauffahrten bis 100% (max. Testwert) werden, so lange
die Traktion reicht, mühelos bewältigt.
Das Automatikmodell benötigt auf Grund des „trägen“
Wandlergetriebes bereits vom Anfahren an mehr „Gas“. Beim
„Krabbeltest“ kann die Drehzahl bis auf knapp über 900upm
problemlos reduziert werden, bis dann der Rexton II zunächst
kurz stehen bleibt, um dann selbstständig zurück zu fahren,
obwohl ein Vorwärtsgang eingelegt ist (keine „Hold“ Funktion!)!
Bei „Schlupf“ am Steilhang darf man nicht mit „Gasstößen“
mithelfen, denn dann regelt die Traktionskontrolle das Fahrzeug
zum Stillstand. Die Untersetzung ist gut abgestuft,
obwohl der Motor niedrigere Drehzahlen verträgt, als es der
Wandler zulässt.
Das Schaltmodell konnte im leeren Zustand Steigungen
von ca. 30° im Standgas bewältigen. Da es keine automatische
Drehzahl Anhebung gibt, stirbt der Motor unter ca. 800upm
ansatzlos ab. Bei konstanter Drehzahl von ca. 1000upm können
Steigungen auch knapp über 100% angenehm langsam bewältigt
werden. In der Untersetzung ist der 1.Gang sehr kurz,
der Sprung zum 2. Gang etwas zu lange und die weiteren Gänge
sind für den Offroadbetrieb zu groß abgestuft.
Starke Gefälle können wahlweise mit oder ohne Bergabfahrhilfe
bewältigt werden. Das HDC funktioniert überraschend gut
und ist durchaus mit Fahrzeugen aus der „Topklasse“ zu
vergleichen. Trotz strömenden Regens konnte ein laubbedeckter
Lehmweg mit ca. 25° Gefälle und 2 Kurven eindeutig lenkbar und
mit einer Geschwindigkeit unter 5km/h, sicher bewältigt werden.
Das ABS ist bei HDC bis zum Stillstand aktiv.
Ohne HDC war das Fahrzeug in der gleichen Situation ebenfalls
relativ sicher, jedoch nur mehr mit viel Geschick zu lenken und
die Geschwindigkeit schwer zu kontrollieren.
Schlamm +
Trotz des Eindrucks jeden Moment „hängen zu bleiben“, fräst sich
der mit Straßenreifen ausgestattete Rexton brav durch den
Schlamm. Die erst verzögernd einsetzende ASR erfordert
merklich mehr „Gas“, um den Vortrieb konstant zu halten. Vor
allem bei Steigungen ist der Rexton schwieriger zu fahren, da
der „Schlupf“ unter Kontrolle zu halten ist, um nicht stecken zu
bleiben. Dies dürfte ein Abfallprodukt des ARP sein. (Es wird
ein Drehzahlunterschied zwischen rechten und linken Rädern
abgeregelt). Man muss nur am „Gas“ bleiben, die Drehzahl
(Schlupf) beachten und man kommt so überraschend weit. ESP ein
oder aus spielt in dieser Situation keine Rolle.
Spurrillen -
Bedingt durch die geringe Bodenfreiheit von 20cm und der
Einzelradaufhängung vorne kann man nicht wirklich in Spurrillen
fahren. Durch die nach innen abgerundete Stosstange vorne und
den relativ massiven Unterfahrschutz aus Blech schiebt man sich
dennoch überraschend weit über tiefe Rillen.
(Verletzungsgefahr!)
Handling ++
In allen Geländesituationen lässt sich der Rexton II leicht
dirigieren und verhält sich äußerst gutmütig. Bei
entsprechender Fahrweise werden auch schwierige Offroadpassagen
souverän bewältigt, solange man nicht aufsitzt. Dies wird durch
das komfortabel abgestimmte Fahrwerk und ausreichende
Verschränkung unterstützt. Bei zu schneller Fahrweise kann sich
der Rexton aufschaukeln und beginnt zu springen. Ein
„Durchschlagen“, vor allem auf der Vorderachse, kann dann zu
Schäden an Ölwanne und Ölkühler führen.
Sehr positiv ist das HDC für diejenigen, die sich dieser
elektronischen Hilfe bedienen möchten. Denn sowohl bei
schlammigen als auch bei griffigem Untergrund wird das Fahrzeug
perfekt in einem sehr niedrigen Tempo gehalten und bleibt fast
immer lenkbar. Nachteilig ist jedoch, dass das HDC nur durch
„Beschleunigen“ übersteuert werden kann, was vor allem für
Ungeübte gefährlich werden kann. Die hohe Sitzposition ist
gut, die runde Karosserieform aber nicht besonders
übersichtlich.
Offroad-Resümee
Der Rexton II ist für gelegentliche Einsätze, auch im schwereren
Gelände, ein echter Geländewagen, der einen sehr
gediegenen und souveränen Eindruck macht und dem auch ein rauer
Offroadbetrieb nicht viel anhaben kann. Einen „Schönheitsfehler“
gibt es jedoch, den Rampenwinkel (Bauchfreiheit).
Er ist ein kostengünstiger Kompromiss zwischen Elektronik und
altbewährter Technik. Es wird auf manuell zuschaltbaren
Allradantrieb und Geländeuntersetzung, sowie Einzelradaufhängung
vorne und Starrachse hinten gesetzt. Einzige Ausnahme ist das
Modell „Power 4WD“ mit permanentem Allrad und 4x
Einzelradaufhängung. Die verzögerte Gasannahme durch die
Automatik, sowie die spät einsetzende Traktionskontrolle
erfordern einen „aktiveren“ Fahrstil, als man üblicherweise
gewohnt ist. Wenn in der erforderlichen Situation etwas früher
„Gas gegeben“ oder bei Verschränkungen stärker und länger am
„Gas geblieben“ wird, als bei vergleichbaren Geländefahrzeugen,
reicht das Drehmoment von 345Nm aus, die richtige
Geschwindigkeit für das immerhin 2.100kg schwere Fahrzeug zu
finden. Dabei hilft das gut abgestimmte 5 Gang Wandlergetriebe,
welches auch vom Lenkrad schaltbar ist.
Bei einem Radstand von 282cm und einer Bodenfreiheit von
20cm ist im Gelände die Beweglichkeit des Rexton II doch
merklich eingeschränkt. Zusätzlich zur tief gezogenen Karosserie
sind die serienmäßig integrierten Trittbretter ein großes
Hindernis. Die stabile Leiterrahmenkonstruktion, das
Fahrwerk und die massiven Doppeldreieckslenker mit Federbeinen
werden mit harten Anforderungen im rauen Geländebetrieb gut
fertig. Die schraubengefederte starre Hinterachse zeigt sich
sehr verschränkungsfreudig und sorgt lange für
Bodenkontakt. Verschränkungspassagen werden dank eines
Bremsdifferentials und der Traktionskontrolle trotz der vorne
mangelnden Federwege, recht gut gemeistert.
Die kurzen Überhänge sorgen für gute Böschungswinkel und
bereiten im Geländebetrieb keine Schwierigkeiten. Die runde,
sich nach oben verjüngende Karosserieform macht den Rexton II
vor allem bei engen Passagen im Wald kleiner und wendiger als er
tatsächlich ist, obwohl der Einschlag (Wendekreis) besser sein
könnte.
Die eingesetzte Bergabfahrhilfe (HDC Funktion) zählt zu einer
der derzeit Besten vergleichbarer Modelle.
Trotz der mindestens 5cm zu geringen Bodenfreiheit, der
seitlich zu tief gezogenen Karosserie, sowie dem leider nicht
abschaltbarem ABS und ARP in der Untersetzung hat mich der
Rexton II als ein echter Geländewagen für den gelegentlichen
Offroadeinsatz überzeugt!
2. Cockpit und Bedienung
Das Armaturenbrett ist übersichtlich und verständlich
aufgebaut. Die Instrumententafel ist modern, aber nicht
futuristisch. Über das Multifunktionslenkrad werden Telefon,
Radio und Tempomat sowie die Lenkradschaltung beim
Automatikmodell bedient. Das Interieur erscheint
gediegen und wirkt ausreichend robust. Bei sämtlichen
Offroadtests war weder ein „Knarren“ oder „Ächzen“ zu hören,
noch hatte man den Eindruck, dass die Karosserie irgendwelcher
besonderer Belastung ausgesetzt sei.
Die Automatik: Ein direkter Gangwechsel von Drive, in den
Rückwärtsgang ist bei niedrigen Geschwindigkeiten direkt ohne
Bremsen und Schaltstopp in Neutralstellung möglich! Vorteil:
„Freischaukeln“ möglich. Gefährlich: Bei höherer Geschwindigkeit
kann ein „unbeabsichtigtes Durchschalten“ passieren!
Schalter: Das manuelle Getriebe schaltet sich etwas ruppig und
nicht alle Gänge lassen sich sofort einlegen. Die Schaltwege
sind kurz. Sportliches Schalten ist zwar möglich, wird jedoch
durch den längeren Motornachlauf gehemmt. Der Rückwärtsgang
lässt sich schnell „finden“ und leicht einlegen. Bei
durchdrehenden Rädern im Steilhang kann das Schalten in den
Rückwärtsgang „hörbar“ werden oder ist gar nicht mehr möglich.
3. On Road
Handlingparcours =
Der Rexton II (Automatikmodell) ist im Grenzbereich
unkompliziert und gutmütig. Ruhige aber rechtzeitige
Lenkkorrekturen reichen meist aus, wenn der Wagen anzeigt
auszubrechen. Diese müssen dann allerdings etwas stärker
ausfallen. Die ESP-Funktionen entsprechen der Technologie der
meisten modernen PKW’s. Es ist zu empfehlen, das ESP nur in den
seltenen notwendigen Fällen abzuschalten. Die gute ABS-Regelung
und das träge Fahrverhalten verzeihen am Handlingparcours sowie
in der „Rutschkurve“ kleine Lenk- u. Bremsfehler. Generell
tendiert der Rexton II bei Erreichen der physikalischen Grenzen
zu „Übersteuern“, bei zu hoher Kurveneingangsgeschwindigkeit
tritt dennoch ein deutliches „Untersteuern“ auf.
Dynamikplatte = / +
Kleinere Störungen werden zur Gänze geschluckt und können
ignoriert werden. Hier hilft das große Fahrzeuggewicht und das
robuste Fahrwerk. Bei größeren Störungen (starkes Versetzen der
Hinterachse) kann das Fahrzeug bei aktivem ESP durch
rechtzeitiges Korrekturlenken recht einfach „eingefangen“
werden. Bei abgeschaltetem ESP wird das „Einfangen“ durch die
verzögernd eingreifende ASR zur schwierigen Aufgabe, da der
notwendige Gasstoß vor dem Gegenpendeln im Regelfall zu spät
einsetzt und dann eher zum „Ausbrechen“ des Autos führt.
Bremstest +
Auf bewässertem Rutschasphalt spürt man deutlich ein sehr
schnell arbeitendes ABS, welches bis kurz vor dem Stillstand
wirkt. Bei der „Brems – Ausweich Übung“ verzeiht der Rexton II
keine Fehler, reagiert bei sauberer Fahrweise aber exakt auf
Lenkmanöver. (Kein Vergleich mit PKW und SUV zulässig, da auf
Grund des höheren Gewichtes und der vielen trägen Masse 4x4
Geländewagen hier immer schlechter abschneiden als PKW).
Onroad-Resümee
Da sich Geländeautos von modernen PKW’s auf der Straße im
Grenzbereich unterscheiden, ist ein vergleichender Test nicht
zulässig. Leider wird einem Besitzer ohne „Geländeambitionen“
eines SUV oder Geländewagens dieser Unterschied nicht immer
klargemacht und oft im Vergleich mit PKW’s schlechte
Testergebnisse als Mangel interpretiert. Geländefahrzeuge mit
Leiterrahmen haben nicht nur ein entsprechend höheres Gewicht,
sondern auch durch die mitlaufende Kardanwelle für den
Frontantrieb (meist keine Freilaufnaben), eine Menge träger
Masse, die bei raschen Richtungswechsel und starken
Verzögerungskräften erhebliche Nachlaufwirkungen zeigen. Diese
Faktoren wirken sich schlecht auf rasche Korrekturmanöver aus
und machen diese Fahrzeuge „träge“. Durch entsprechende
„elektronische Helferlein“ wie ESP, ASR (Traktionskontrolle),
ARP (Anti Überschlagsassistent) etc. kann eine Verbesserung des
Fahrverhaltens erzielt werden. Da bekanntlich aber die
physikalischen Grenzen nicht überlistet werden können, ist das
„Handling“ der Fahrzeuge dieser Kategorie schwerer als das der
PKW.
Der Rexton II war bei dem Fahrdynamiktest einfach und
gutmütig zu steuern, verzeiht spielend leichte Fahrfehler,
solange man sich nicht am physikalischen Grenzbereich befindet.
Er ist eindeutig zur Klasse der Geländefahrzeuge zu zählen.
Der Rexton ist grundsätzlich kein Sportwagen, vielmehr ein „Cruiser“,
speziell die Automatik-Variante. Das komfortabel abgestimmte
Fahrwerk unterstützt einen ruhigen Fahrstil und sollte
durch übermäßig sportliche Fahrweise nicht überfordert werden.
Die Grenzgeschwindigkeiten bis zum unkontrollierten „Ausbrechen“
liegen deutlich unter denen der PKWs. Es erfolgt abrupt und
lässt nur einen Spielraum von wenigen km/h für Korrekturen zu.
Im Grenzbereich in Kurven und bei plötzlich auftretenden
Störungen verzeiht das Fahrzeug leichte Lenk- u. Bremsfehler.
Bremsen und Ausweichen sowie Bremswege bei Notbremsungen
waren mit Serienbereifung (Sommerreifen beim Testauto) auch auf
Rutschasphalt überraschend gut und liegen im normalen Bereich
der PKW Klasse.
Das Kurvenverhalten ist ebenfalls gutmütig, solange keine
ruckartigen oder übertriebenen Lenkkorrekturen durchgeführt
werden. Dabei trägt das ESP (mit kombinierten Funktionen wie
„ASR“ und „ARP“) einen erheblichen Teil zur Stabilität und
Sicherheit beim Fahrverhalten bei und sollte nur im Notfall
abgeschaltet werden.
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