Hummer zu fahren ist: Faszination. Hummer zu fahren ist: Spaß am
automobilen Megagerät. Hummer zu fahren bedeutet angesichts der
Klimaprobleme auch immer eine Gratwanderung zwischen - pardon -
geilem Erlebnis und Schuldbewusstsein. Dass sich Letzteres in
Grenzen halten darf, möchte die kleinste Baureihe H3 beweisen.
Dazu hat man den Wagen mit durchaus manierlichen Verbrauchswerten und halbwegs
überschaubaren Abmessungen ausgestattet - so soll der europäische Markt im
Sturm erobert werden.
Ein texanischer Cowboy,
der sich bei uns niedergelassen hat, im Beisl ein Obi G'spritzt
zum Gulasch bestellt, aber dennoch nie auf Stiefel, Sporen und
Stetson verzichtet. Das könnte der passende Fahrer für einen H3
sein. Der Wagen ist nämlich genau so teilweise an Europa
angepasst, ohne dabei die eigenen Wurzeln zu verstecken. Ganz
sympathisch, ungewöhnlich - und teilweise ein bisschen
schrullig.
Zum Test. Während der ersten Minuten in einem Hummer produziert
wohl jeder Fahrer mehr Adrenalin als üblich: Man hat den
Eindruck, in einem mächtig großen Wagen zu sitzen - und hat anfangs absolut
keine Idee, wo das Ungetüm vorne, links, rechts und speziell
hinten seine Grenzen hat. Die Fenster, gerade einmal
circa 40 Zentimeter hoch, machen es einem auch nicht gerade
leichter. Nimmt man im H3 Platz, wirken Innenraum und
Außenabmessungen nicht wesentlich kleiner als beim H2. Noch nie
H2 gefahren? Glauben Sie uns, das will etwas heißen ...
Jedenfalls absolviert man die ersten Kilometer entsprechend
vorsichtig.
Spätestens beim Einparken in der Tiefgarage kommt man aber
drauf, dass der H3 eigentlich gar nicht so groß ist wie es
scheint. Das war doch mit anderen Autos schwieriger? Ein Blick
in die Betriebsanleitung gibt Gewissheit: Mit seinen Abmessungen
(4.782 mm lang, 1.872 mm hoch, 1.989 mm breit) ist er
beispielsweise 19 Zentimeter kürzer und - man höre und staune -
3 Zentimeter schmäler als ein Range Rover.
Das von uns gefahrene Modell "Luxury" verwöhnte mit
elektrisch verstellbaren Ledersitzen, mehr als
ausreichend Platz für 5 Passagiere, Automatik,
akustisch wirklich nettem Audiosystem und einer - und das ist
fast ein wenig anachronistisch - manuellen Klimaanlage.
Komfort, Geräuschdämmung und Ergonomie sind ohne Fehl und
Tadel. Überaus positiv: Auf die Verarbeitungsqualität
scheint deutlich mehr Wert gelegt worden zu sein als bei den
Urviechern H1 und H2. Klassische Amerikanismen, hierzulande oft
nicht so beliebt, halten sich - ebenfalls im Unterschied zu H1
und H2 - in Grenzen. Schwächen im Innenraum gibt es dort, wo
wegen der individuellen Karosserieform Kompromisse eingegangen
werden mussten. Die Rundumsicht ist wie gesagt
gewöhnungsbedürftig - hinter dem hoch angebrachten Reserverad
kann sich aus Sicht des Fahrers locker ein ganzer PKW
verstecken, an der Mini-Frontscheibe ist der mächtige
Rückspiegel ein steter Blickhemmer, speziell beim
Rechtsabbiegen. Sonst stört an sich nur, dass es im gesamten
Innenraum praktisch keine Ablagefächer gibt.
Der Motor - ein R5 statt dem in den anderen
Modellen obligaten V8 - ist Hummers nächsts Zugeständnis an Europa. So
will man mit manierlichen Trinkgewohnheiten - das Werk spricht
von 11,0 Litern Benzin, wir meinen, pscht, nicht
weitersagen, eher 14 Liter - auch die alte Welt erobern.
V8-Enthusiasten, seid nicht enttäuscht: Ein amerikanischer
Fünfzylinder ist immer noch mindestens eine Klasse größer, als
Ihr denkt: Die 220 PS schöpft der Vortec-Motor nämlich
aus nicht weniger als 3,7 Litern Hubraum. Entsprechend
sauber läuft er, ist superleise und lädt zum entspannten Cruisen
ein. Bei 80 km/h sind die Reifen noch immer deutlich lauter als
der R5. Im Test konnten wir also zum Teil entkräften, dass "H3"
für "3 Zylinder zu wenig" stünde, wie böse Zungen behaupten.
Größtenteils entkräften. Nominell ein rechter Kraftlackel,
kämpft der Wagen dennoch mit dem Gewicht des Wagens - und
mit der 4-Gang-Automatik: Der Spurt aus dem Stand
verläuft eher zäh, Sportlichkeit ist dem H3 nicht gerade in die
Wiege gelegt. Der Automat schaltet im "Normalbetrieb" recht
manierlich und fast ruckfrei, kann aber beim Kickdown - speziell
beim Bergauffahren - ganz schön ungehobelt werden: Dann wird
schon mal ganz unvermutet der 1. Gang reingeprügelt und der
Motor an den roten Bereich herangedreht. Die entstehenden
Lastwechsel sind dann nichts für Leute mit
Wirbelsäulenproblemen. Eine fünfte Schaltstufe wäre hier
wirklich eine Abhilfe.
So empfiehlt sich ein sanfter Umgang mit dem Gaspedal und die
Entdeckung einer neuen automobilen Gelassenheit. Die 24
Zusatz-PS, mit der der H3 im Modelljahr 2007 lockt,
werden die Sache aber etwas aufpeppen. Auch einen Diesel soll es
übrigens bald geben. Eine Überlegung wert wäre es sicher auch,
ein wenig Geld zu sparen und den Wagen mit Schaltgetriebe zu
ordern.
Vergessen wir nicht: Der H3 ist ein Geländewagen. Und zwar ein
verdammt guter: Permanenter Allrad, Untersetzung (und was für
eine: Im Modell "Adventure" 4,0:1, normal 2,64:1), optional eine
100%-Sperre an der Hinterachse. Dazu vernünftig Bodenfreiheit,
kurze Überhänge, saubere Verschränkung, 60 cm Wattiefe. Ein
Allesüberwinder. Lachen Sie nicht: Der H3 steht dem H2 im
Gelände um nichts nach und macht erst dann schlapp, wenn die
(nicht übermäßig geländetaugliche) Serienbereifung endgültig den
Grip verliert.
Schrullig wird es wieder ein wenig, wenn man unter den Wagen
schaut: Da stützen doch tatsächlich Blattfedern die Hinterachse.
Der Chevrolet Blazer lässt grüßen. Was man sonst nur mehr unter
Pickups sieht, federt auch den Hummer 3. Wegen des enormen
Gewichtes - über 2.2 Tonnen drücken von oben auf die Federn -
aber dabei gar nicht einmal so unmanierlich. Komfortunterschiede
zwischen Vorder- und Hinterachse gibt es naturgemäß dennoch.
Bleibt abzuwarten, wie das Publikum bei uns auf den
"europäischsten" aller Hummer reagiert. Er bemüht sich
jedenfalls, den Erwartungen gerecht zu werden, verliert aber
dennoch nie seinen erdigen Cowboy-Charme. Den hohen Kultfaktor
gibt's gratis dazu. Wenn Sie unschlüssig sind, ob Sie eine
H3-Anschaffung mit Ihrem Öko-Gewissen vereinbaren können,
vielleicht ein kleines Argument: Ein Porsche 911 verbraucht
gleich viel Sprit ...
Länge/Breite/Höhe: 4.782/1.989/1.872 mm Radstand: 2.841 mm
Motor:
3,7 l-Fünfzylinder-Reihenmotor von Vortec, 244 PS bei 5.600
U/min, max. Drehmoment von 328 Nm bei 4.600 U/min
Verbrauch: 11,0 l Normalbenzin (Werksangabe)
Höchstgeschwindigkeit: 158 km/h
Getriebe: Fünfgangschaltgetriebe mit Overdrive,
alternativ 4-Stufen Automatik
Tankinhalt: 87 l
Geländeleistungen: Elektrisch gesteuerter permanenter
Allradantrieb von BorgWarner, Untersetzung 2,64:1, optional
4,03:1. 4High Open, 4High Locked, 4Low-range Locked, 100%
Differenzialsperre hinten optional.
Elektronische Traktionskontrolle
Böschungswinkel 37,5° vorne, 34,6° hinten
Bodenfreiheit 216 mm
Rampenwinkel 23,5°
P265/75R16 Goodyear Wrangler RT/S
Wattiefe 610 mm
Unterbodenschutz mit 4 Schutzplatten
Wendekreis 11,3 m Leiterrahmen
Fahrwerk: vorne Einzelradaufhängung mit Drehstäben,
Einrohr-Gasdruckstoßdämpfer und Stabilisator; hinten
Einrohr-Gasdruckstoßdämpfer mit halbelliptischen Blattfedern
Reifen und Räder: Felgen 16" x 7,5" Aluminium, Reifen
265/75R16
Ausstattung (Auszug): Tempomat, manuelle Klimaanlage,
Zentralverriegelung, Nebelscheinwerfer, Fahrer- und
Beifahrerairbag, Vorhang-Airbags vorne und hinten,
elektrohydraulische Scheibenbremsen an allen 4 Rädern mit ABS,
dynamische Bremskraftverteilung hinten, Audio:
Monsoon-Premiumsystem mit 7 Lautsprechern, Verstärker und
Subwoofer
Preise: Basismodell ab € 43.990,--
"Adventure" € 50.890,--
"Luxury" € 52.690,--
Alle Angaben beziehen sich auf den H3 Modelljahr 2007!