Steyr 680: Für immer jung …
Generationen von Soldaten haben ihn als robusten, spartanischen und zuverlässigen LKW kennen gelernt – nun ging der Steyr 680 beim österreichischen Bundesheer in den verdienten Ruhestand. Im „zivilen Leben“ gehört er freilich noch nicht zum alten Eisen …
27.04.2007
Fast 40 Jahre stand der Steyr 680 im Dienst der österreichischen Armee. Um diese unglaubliche Zeitspanne etwas begreiflicher zu machen, kann man es auch so formulieren: Nahezu jeder Österreicher unter 60, der seinen Präsenzdienst abgeleistet haben, hat dieses bullige, heute schon recht urtümlich wirkende Fahrzeug kennen gelernt. Und damit ziemlich sicher seine - im wahrsten Sinn des Wortes - "Erfahrungen" gesammelt:

Vielleicht als einer von 18 Grundwehrdienern, die im motMarsch, dem "motorisierten Marsch" auf der Ladefläche aufgesessen sind. Und ihren Platz auf den harten Holzbänken längs zur Fahrrichtung gefunden haben. Oder sogar als junger Kraftfahrer, der seine liebe Not mit dem unsynchronisierten Getriebe und der Motorstaubremse hatte. Kuppeln - Gang heraus nehmen - Zwischengas - Kuppeln - Gang hinein: Nach einer Übungseinheit mit dem "680er" hatten jedenfalls viele Wehrmänner den Begriff "Auto fahren" neu definiert.

Die schwierige Handhabung mag auch mit ein Grund gewesen sein, dass die Fahrschul-680er anders als gewöhnliche Fahrschulautos nicht nur mit einem zusätzlichen Satz Pedale, sondern auch einem zweiten Lenkrad auf der Beifahrerseite ausgestattet waren. So konnte der Ausbildner die Kontrolle übernehmen, wenn der Fahrschüler 'mal überfordert war.

Die Geschichte
Doch der Reihe nach: Es war in den späten 60er-Jahren, als der inzwischen legendäre "680er" seine Karriere beim österreichischen Bundesheer begann - und sich im Laufe der Jahre neben Haflinger und Pinzgauer zum wohl bekanntesten Militärfahrzeug Österreichs hoch arbeitete. Zivilvarianten existierten bereits seit 1963. Aufbauend auf dem Urmodell "680 z", der bereits über Allradantrieb verfügte, entwickelte man eine Variante für das Österreichische Bundesheer. Die Militärversion nannte sich "680 M". Sie gab es mit einfacher Kabine oder Doppelkabine, mit 2 oder 3 Achsen - letzterer wurde "680 M3" genannt.


Unglaubliche Geländegängigkeit
Nahezu unglaublich war die Geländegängigkeit: Im Normalfall über die Hinterräder angetrieben, konnte für harten Einsatz abseits befestigter Straßen auch die Vorderachse dazugeschaltet werden. Eine Untersetzung machte den 680 zum Allesüberwinder. Speziell dem 3-Achser war kaum eine Geländepassage zu schwierig. Wurde dem Vortrieb doch einmal ein Ende gesetzt, half die bei vielen Fahrzeugen zusätzlich installierte, mechanische Seilwinde. Doch weit häufiger wurde die dazu verwendet, andere Fahrzeuge aus Schlamm und Morast zu befreien...

Ganze 120 PS leistete der flüssigkeitsgekühlte Saugdiesel mit 6 Zylindern in der vom Bundesheer hauptsächlich eingesetzten zweiachsigen Version. Er konnte den LKW auf eine Bauartgeschwindigkeit von 80 km/h bringen. Gar nicht schlecht für ein Fahrzeug aus den 60er-Jahren, das bei einem zulässigen Gesamtgewicht von knapp über 10 Tonnen 4,5 Tonnen Zuladung erlaubte. Die maximale Reichweite wurde mit 450 Kilometern angegeben.

Die dreiachsige Variante mit 150 PS kam auf ein zulässiges Gesamtgewicht von sogar 12 Tonnen.

Ein LKW für alle Fälle …
Bis 1984 wurde der Steyr 680 gebaut - 3.700 Stück kaufte das österreichische Bundesheer insgesamt an und verwendete ihn als "Transportmittel für Versorgungsgüter" und "Mannschaftstransportfahrzeug" - so die offiziellen Gattungsbezeichnungen. Sein Ruf, ein besonders robuster und leistungsfähiger LKW zu sein, wurde auch in der Schweiz und in Griechenland gehört, wo er ebenfalls als Armeefahrzeug zum Einsatz kam. In Österreich hingegen kam er auch zu diversen zivilen Aufgaben - neben Privatfirmen waren es auch Länder, Städte und Gemeinden, die im Steyr 680 das ideale Fahrzeug für unterschiedlichste Einsatzgebiete sahen: Als normaler Lastkraftwagen mit Kipper-Ladefläche, als Tankwagen, als Feuerwehrfahrzeug. Die Wiener MA 48 setzte ihn unter anderem als Müllwagen ein. Seinen Bekanntheitsgrad verdankt er dennoch dem Bundesheer: Dort wurde er zur Ikone und gleichzeitig auch zu einem Symbol für das "alte" Heer vor der Reform.

Die Nachfolger
Mitte der 80er-Jahre wurden schon die ersten Fahrzeuge gegen den ebenfalls aus dem Haus Steyr stammenden „12M18“ ersetzt. Der konnte speziell dem dreiachsigen 680er im Gelände nach Meinung vieler Bundesheer-Fahrprofis aber nie das Wasser reichen. Im vergangenen Jahr kamen die ersten Unimogs des Typs U4000, darüber hinaus wurde MAN mit der Lieferung von 307 Stück Allrad-Lkw der Type TGM 12.240 4x4 BL beauftragt.

Damit war die Zeit für den alten Steyr-Herren gekommen, endgültig den Ruhestand anzutreten. Mit 1. März 2007 wurden nun die letzten Fahrzeuge beim österreichischen Bundsheer ausgemustert – und bei öffentlichen Versteigerungen angeboten.

Auch im „Ruhestand“ aktiv …
Zum Alteisen zählen diverse 680er noch lange nicht: Viele Privatpersonen haben die Auktionen genutzt, sich ein solches Urgestein zuzulegen. Und verwenden es weiter: Als Sammlerstück, für's Fahren in unwegsamem Gelände, als Lastesel.

Manche haben sogar ein Expeditionsmobil daraus gemacht: Gerhard Kases zum Beispiel besitzt ein wunderbar restauriertes und gut erhaltenes Exemplar aus dem Jahr 1973: Sein „kleiner Gelber", wie er seinen Steyr fast liebevoll nennt, hat eine Wohnkabine aus GFK und einen massiven Überrollbügel. Den Innenraum hat er in vielen Arbeitsstunden und Liebe zum Detail wohnlich ausgebaut.

Bald soll es auf große Reise gehen. Den Haken mit dem Spritverbrauch sieht er gelassen: „Bei normaler Reisegeschwindigkeit (Anm.: das sind nach seiner Angabe 75 km/h) ist der Verbrauch für einen so alten Herren ganz passabel: 20 Liter Diesel genehmigt er sich dann. Heftig wird es erst, wenn man ihn ins Gelände führt und er mit eingelegter Untersetzung im Schlamm ackern muss …“


Auch im 21. Jahrhundert kein automobiler Anachronismus
Der Steyr 680 hat speziell in Österreich ein Stück automobiler Zeitgeschichte geschrieben. Ein LKW aus heimischer Produktion, der sich national und international einen Namen gemacht hat. Mit seiner Robustheit, Langlebigkeit und Verlässlichkeit ist er auch im 21. Jahrhundert noch immer kein automobiler Anachronismus. So gesehen ist zu hoffen, dass man auch in Zukunft noch das eine oder andere Exemplar auf Österreichs Straßen zu sehen bekommt.
 
Steyr 680

Der Steyr 680M

 
Steyr 680

Robust, langlebig, verlässlich ... und fast 40 Jahre lang im Einsatz

 
Steyr 680

Als Fahrschulfahrzeug: 2 Sätze Pedale, 2 Lenkräder

 
Steyr 680 im Privatbesitz (Gerhard Kases)

Gerhard Kases mit seinem "kleinen Gelben"

 
Steyr 680 im Privatbesitz (Gerhard Kases)

Wohnkabine aus GFK, Überrollbügel:
Gerüstet für die große Reise

 
Fotos: Heeresbild- und –filmstelle, Österreichisches Bundesheer, BMLV, Gerhard Kases (privat)
Text: Michael Kubicek

Dieser Artikel ist auch in der Zeitschrift "4WD - Internationales Allradmagazin", Ausgabe 2/07, erschienen.
 





 
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