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Der Begriff "Jeep" wird immer noch als Synonym für
"Geländewagen" verwendet - grausame Wortschöpfungen wie
"Toyota Jeep" oder gar "Land Rover Jeep" sind die Folge. Die
eingefleischten (echten) Jeep-Fahrer aber grinsen, wenn sie so
etwas hören. Weil sie schon immer davon überzeugt waren, dass ein Jeep
nicht ein, sondern der Geländewagen ist ...
Jedenfalls ist Jeep: Eigenständig und markant,
anders als alle anderen 4x4. Und deshalb sofort erkennbar.
Speziell trifft das natürlich auf den Wrangler zu, der seine Abstammung
- fast - auf jedem Quadratmillimeter Blech erkennen lässt. Dessen
Stammbaum bis in die frühen 40er-Jahre zurück reicht, als
die Autos noch als "Willys" unterwegs waren. Vor nicht
einmal einem Jahr, genau im März 2007, gab es dennoch eine große
Wrangler-Revolution: Was lange niemand für möglich gehalten
hatte, war Realität geworden: Ein Dieselmotor wurde
vorgestellt. Und: Als "Unlimited" gab es den Wagen
fortan auch als Fünftürer: Mit menschenwürdigen Sitzen in der 2.
Reihe und dahinter richtig Platz fürs Gepäck.
Aus dem
Kurzstrecken-Offroader war - zusätzlich - ein
langstreckenkompatibles Reisefahrzeug geworden. Der Dieselmotor
schlug ein: Schon im ersten Jahr seiner Verfügbarkeit
entschieden sich in Österreich 90 Prozent aller
Wrangler-Käufer für einen Ölbrenner. Und die
Verkaufszahlen stiegen um fast 150 Prozent. Der 2,8
Liter Common-Rail-Diesel ist ein geschmeidiger, kräftiger
Motor geworden: Aus seinen 4 Zylindern schöpft er 177 PS
und ein mehr als solides Drehmoment von 400 Newtonmetern
(in der Automatikversion, sonst sogar 410 Nm). Sehr dezent und - für
einen Wagen wie den Wrangler schon fast zu nähmaschinenhaft
- leise versieht er seinen Dienst.
Die von uns getestete 5-Gang-Automatik wechselt die
außerordentlich weit gespreizten Gänge in vernünftigem
Normalbetrieb sehr sanft. Im Alltagsbetrieb ist sie mit ihrer
amerikanischen Trägheit dennoch etwas mühsam. Ganz besonders bei Ortsdurchfahrten mit 50 km/h, bei denen sich
die Automatik im 5. Gang quasi zur Ruhe setzt. Am Ortsende dann
auf Landstraßentempo zu beschleunigen, erfordert Geduld.
Für einen Geländewagen ganz untypisch ist dagegen das
Verhalten auf der Autobahn: Da ist geräuscharmes
und entspanntes Cruisen möglich, wie man es einer solchen -
pardon - Kiste nicht zutrauen würde. Und bei einem Tempo rund ums
Legale erfreut der Wrangler mit erstaunlicher Agilität - selbst
da ist flottes Beschleunigen noch möglich. Wer hätte das
gedacht: Volle Punktezahl von uns für den Wrangler auf
der flotten Langstrecke. Denn auch das Fahrwerk macht
einen tadellosen Job: Die Schraubenfedern vorne und hinten
sorgen - vom langen Radstand unterstützt - für eine recht
ausgewogene Balance. Jene Schraubenfedern, die im Gelände
auch eine
wirklich gute Verschränkung ermöglichen. Womit wir im Stammrevier des
Wrangler wären. Vorweg: Die richtig, richtig bösen Offroad-Zutaten
finden sich nur im Modell "Rubicon", mit
Differenzialsperren vorne und hinten und einem sagenhaften
Untersetzungsverhältnis von 4:1.
Die Standard-Modelle "Sport" und "Sahara" müssen sich mit etwas
konventionellerer Offroad-Technik begnügen, "Command Trac"
nennt sie sich. 95 Prozent aller Wrangler-Piloten werden damit dennoch das Auslangen finden: Herzhaft rustikal lässt sich per
Hebel der Allradantrieb zuschalten, ebenso die
Untersetzung, die mit einem Verhältnis von 2,72:1
noch immer sehr kurz ist und Ausflüge auch ins wirklich Grobe
ermöglicht: Auch dank der Bodenfreiheit von über 25
Zentimetern und besagter Verschränkungsfähigkeit der Achsen. Der
Radstand von fast 3 Metern sowie die
serienmäßigen, fein profilierten Reifen sind die einzigen
Hemmnisse auf dem Weg zum großen Offroad-Abenteuer. Wer ein
solches problemlos genießen will, entscheidet sich wie gesagt für den
Rubicon: Dem absoluten Top-Gerät unter den aktuell verfügbaren
Offroader. Ganz bemerkenswert ist das Karossieriekonzept
des Wrangler, das nach Abenteuern quasi schreit: Softtops und
Hardtops sind verfügbar, die sich relativ problemlos
abnehmen lassen: Das "Freedom-Top" ist ein einzigartiges
Konzept, das sich in Teilen entfernen lässt - soweit, bis nur mehr
der gepolsterte Überrollbügel stehen bleibt. Das ist so
cool, dass wir in geschlossenem Zustand selbst die nervigen Windgeräusche zwischen 50 und 80 km/h locker
hinnahmen. Sogar die Türen können ausgebaut und die Windschutzscheibe ist
herunter geklappt werden. Fahren
dürfen sie auf öffentlichen Straßen in Österreich so zwar nicht, aber: Das sind Features, wie sie nur der Jeep Wrangler zu
bieten hat: Sensationell. Die toten Fliegen auf der
Sonnenbrille gibt's gratis dazu. Zum Innenraum:
Herrlich authentisch ist der Innenraum geblieben, das ist
noch ein Automobil vom alten Schlag - trotz der Technik und
Elektronik, die eingezogen ist. Das große Lenkrad,
serienmäßig in Leder, vermittelt echtes Jeep-Flair, unter dem
Pralltopf verbirgt sich - direkte Konkurrenz, aufgepasst - sogar ein Airbag. Die
Lenkung selbst ist aber leider recht indirekt und gefühllos
ausgefallen.
Man sitzt gar nicht unbequem im Wrangler, zumindest auf den
Vordersitzen, die sich durch lange Sitzflächen und
eine vernünftige Konturierung im Bereich der Rückenlehnen
gute Noten verdienen. Minus hier: Derart harte Kopfstützen haben
wir noch nie in einem Auto gesehen. Die Hinterbänkler finden im Unlimited zwar
deutlich besser Platz als im kurzen Wrangler, von wirklich
langstreckentauglichen Sitzen hinten kann aber dennoch nicht wirklich
die Rede sein - dazu sind die Sitzflächen zu kurz geraten. Ein
wenig entschädigt werden die Passagiere hinten von der Mittelstrebe des
Überrollbügels, die sie über die eingebauten Lautsprecher mit
Musik und via eigener Lüftungsdüsen mit Frischluft versorgt.
Die Mittelkonsole wird vom großen Radio dominiert, das
mit seiner einfachen, aber sehr gelungenen Optik ausgezeichnet
zum erdigen Charme des Wrangler-Interieurs passt. Direkt
darunter befinden sich - die einzige ergonomische Besonderheit -
auch die Schalter für die Fensterheber. Die schönen
Rundinstrumente lassen sich exzellent ablesen, auch sie zeichnet
dieser gelungene Mix aus Retro-Geländewagen-Look und Modernität
aus.
Bleibt ein insgesamt also doch recht stimmiges Gesamtbild vom
Innenraum.
Eigentlich nicht nur vom Innenraum: Der Jeep Wrangler ist ein
echter Geländewagen geblieben. Darüber freuen wir uns - und jede
Kritik an diesem Wagen relativiert sich allein schon deshalb.
Schließlich sprechen wir von einer gefährdeten Spezies - und es
macht einfach Spaß, noch einem Exemplar in freier Wildbahn zu
begegnen.
Genauso erfreulich ist, dass es Jeep geschafft hat, dem Wrangler
zusätzlich überraschend gute Straßenmanieren beizubringen.
Damit wird ein Gesamtpackage geboten, das es in sich hat:
Ein Charaktertyp mit inneren und äußeren Werten. Als Unlimited
sogar noch verlängert.
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