Jeep Wrangler Unlimited im Test:
Charaktertyp verlängert ...
Seit 5 Jahren bringen wir 4x4-Testberichte - einer der Hauptdarsteller in der Geländewagenszene hat bisher aber gefehlt: Höchste Zeit also, dies nachzuholen. gelaendewagen.at proudly presents: Den Jeep Wrangler - und gleich in der Langversion "Unlimited" ...
16.02.2008
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Der Begriff "Jeep" wird immer noch als Synonym für "Geländewagen" verwendet - grausame  Wortschöpfungen wie "Toyota Jeep" oder gar "Land Rover Jeep" sind die Folge. Die eingefleischten (echten) Jeep-Fahrer aber grinsen, wenn sie so etwas hören. Weil sie schon immer davon überzeugt waren, dass ein Jeep nicht ein, sondern der Geländewagen ist ...

Jedenfalls ist Jeep: Eigenständig und  markant, anders als alle anderen 4x4. Und deshalb sofort erkennbar. Speziell trifft das natürlich auf den Wrangler zu, der seine Abstammung - fast - auf jedem Quadratmillimeter Blech erkennen lässt. Dessen Stammbaum bis in die frühen 40er-Jahre zurück reicht, als die Autos noch als "Willys" unterwegs waren.

Vor nicht einmal einem Jahr, genau im März 2007, gab es dennoch eine große Wrangler-Revolution: Was lange niemand für möglich gehalten hatte, war Realität geworden: Ein Dieselmotor wurde vorgestellt. Und: Als "Unlimited" gab es den Wagen fortan auch als Fünftürer: Mit menschenwürdigen Sitzen in der 2. Reihe und dahinter richtig Platz fürs Gepäck.

Aus dem Kurzstrecken-Offroader war - zusätzlich - ein langstreckenkompatibles Reisefahrzeug geworden.

Der Dieselmotor schlug ein: Schon im ersten Jahr seiner Verfügbarkeit entschieden sich in Österreich 90 Prozent aller Wrangler-Käufer für einen Ölbrenner. Und die Verkaufszahlen stiegen um fast 150 Prozent.

Der 2,8 Liter Common-Rail-Diesel ist ein geschmeidiger, kräftiger Motor geworden: Aus seinen 4 Zylindern schöpft er 177 PS und ein mehr als solides Drehmoment von 400 Newtonmetern (in der Automatikversion, sonst sogar 410 Nm). Sehr dezent und - für einen  Wagen wie den Wrangler schon fast zu nähmaschinenhaft - leise versieht er seinen Dienst.

Die von uns getestete 5-Gang-Automatik wechselt die außerordentlich weit gespreizten Gänge in vernünftigem Normalbetrieb sehr sanft. Im Alltagsbetrieb ist sie mit ihrer amerikanischen Trägheit dennoch etwas mühsam. Ganz besonders bei Ortsdurchfahrten mit 50 km/h, bei denen sich die Automatik im 5. Gang quasi zur Ruhe setzt. Am Ortsende dann auf Landstraßentempo zu beschleunigen, erfordert Geduld.

Für einen Geländewagen ganz untypisch ist dagegen das Verhalten auf der Autobahn:  Da ist geräuscharmes und entspanntes Cruisen möglich, wie man es einer solchen - pardon - Kiste nicht zutrauen würde. Und bei einem Tempo rund ums Legale erfreut der Wrangler mit erstaunlicher Agilität - selbst da ist flottes Beschleunigen noch möglich. Wer hätte das gedacht: Volle Punktezahl von uns für den Wrangler auf der flotten Langstrecke.

Denn auch das Fahrwerk macht einen tadellosen Job: Die Schraubenfedern vorne und hinten sorgen - vom langen Radstand unterstützt - für eine recht ausgewogene Balance.

Jene Schraubenfedern, die im Gelände auch eine wirklich gute Verschränkung ermöglichen. Womit wir im Stammrevier des Wrangler wären. Vorweg: Die richtig, richtig bösen Offroad-Zutaten finden sich nur im Modell "Rubicon", mit Differenzialsperren vorne und hinten und einem sagenhaften Untersetzungsverhältnis von 4:1.

Die Standard-Modelle "Sport" und "Sahara" müssen sich mit etwas konventionellerer Offroad-Technik begnügen, "Command Trac" nennt sie sich. 95 Prozent aller Wrangler-Piloten werden damit dennoch das Auslangen finden: Herzhaft rustikal lässt sich per Hebel der Allradantrieb zuschalten, ebenso die Untersetzung, die mit einem Verhältnis von 2,72:1 noch immer sehr kurz ist und Ausflüge auch ins wirklich Grobe ermöglicht: Auch dank der Bodenfreiheit von über 25 Zentimetern und besagter Verschränkungsfähigkeit der Achsen. Der Radstand von fast 3 Metern sowie die serienmäßigen, fein profilierten Reifen sind die einzigen Hemmnisse auf dem Weg zum großen Offroad-Abenteuer. Wer ein solches problemlos genießen will, entscheidet sich wie gesagt für den Rubicon: Dem absoluten Top-Gerät unter den aktuell verfügbaren Offroader.

Ganz bemerkenswert ist das Karossieriekonzept des Wrangler, das nach Abenteuern quasi schreit: Softtops und Hardtops sind verfügbar, die sich relativ problemlos abnehmen lassen: Das "Freedom-Top" ist ein einzigartiges Konzept, das sich in Teilen entfernen lässt - soweit, bis nur mehr der gepolsterte Überrollbügel stehen bleibt. Das ist so cool, dass wir in geschlossenem Zustand selbst die nervigen Windgeräusche zwischen 50 und 80 km/h locker hinnahmen.

Sogar  die Türen können ausgebaut und die Windschutzscheibe ist herunter geklappt werden. Fahren dürfen sie auf öffentlichen Straßen in Österreich so zwar nicht, aber: Das sind Features, wie sie nur der Jeep Wrangler zu bieten hat:  Sensationell. Die toten Fliegen auf der Sonnenbrille gibt's gratis dazu.

Zum Innenraum: Herrlich authentisch ist der Innenraum geblieben, das ist noch ein Automobil vom alten Schlag - trotz der Technik und Elektronik, die eingezogen ist. Das große Lenkrad, serienmäßig in Leder, vermittelt echtes Jeep-Flair, unter dem Pralltopf verbirgt sich - direkte Konkurrenz, aufgepasst - sogar ein Airbag. Die Lenkung selbst ist aber leider recht indirekt und gefühllos ausgefallen.

Man sitzt gar nicht unbequem im Wrangler, zumindest auf den Vordersitzen, die sich durch lange Sitzflächen und eine vernünftige Konturierung im Bereich der Rückenlehnen gute Noten verdienen. Minus hier: Derart harte Kopfstützen haben wir noch nie in einem Auto gesehen.

Die Hinterbänkler finden im Unlimited zwar deutlich besser Platz als im kurzen Wrangler, von wirklich langstreckentauglichen Sitzen hinten kann aber dennoch nicht wirklich die Rede sein - dazu sind die Sitzflächen zu kurz geraten. Ein wenig entschädigt werden die Passagiere hinten von der Mittelstrebe des Überrollbügels, die sie über die eingebauten Lautsprecher mit Musik und via eigener Lüftungsdüsen mit Frischluft versorgt.

Die Mittelkonsole wird vom großen Radio dominiert, das mit seiner einfachen, aber sehr gelungenen Optik ausgezeichnet zum erdigen Charme des Wrangler-Interieurs passt. Direkt darunter befinden sich - die einzige ergonomische Besonderheit - auch die Schalter für die Fensterheber. Die schönen Rundinstrumente lassen sich exzellent ablesen, auch sie zeichnet dieser gelungene Mix aus Retro-Geländewagen-Look und Modernität aus.

Bleibt ein insgesamt also doch recht stimmiges Gesamtbild vom Innenraum.

Eigentlich nicht nur vom Innenraum: Der Jeep Wrangler ist ein echter Geländewagen geblieben. Darüber freuen wir uns - und jede Kritik an diesem Wagen relativiert sich allein schon deshalb. Schließlich sprechen wir von einer gefährdeten Spezies - und es macht einfach Spaß, noch einem Exemplar in freier Wildbahn zu begegnen.

Genauso erfreulich ist, dass es Jeep geschafft hat, dem Wrangler zusätzlich überraschend gute Straßenmanieren beizubringen.

Damit wird ein Gesamtpackage geboten, das es in sich hat: Ein Charaktertyp mit inneren und äußeren Werten. Als Unlimited sogar noch verlängert.


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Jeep Wrangler Unlimited Sahara

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Jeep Wrangler Unlimited Sahara
Fotos: gelaendewagen.at
 

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Jeep Wrangler Unlimited Sahara Automatik
Daten und Fakten


Länge/Breite/Höhe:
4.751/1.873/1.800 mm

Leergewicht: 2.055 bis 2.185 kg je nach Konfiguration

Motor: Reihenvierzylinder-Dieselmotor mit Common Rail Direkteinspritzung, 177 PS, 400 Nm 

Höchstgeschwindigkeit:
180 km/h

Getriebe: 5-Stufen-Automatik

Verbrauch (Werksangabe): 9,9 Liter

Tankinhalt: 66 Liter

CO2:
263 g/km

Geländeleistungen: "Command-Trac": Zuschaltbarer Allradantrieb mit Untersetzung (Verhältnis 2,72:1), Bodenfreiheit 253 mm, Böschungswinkel 37,7° vorne, 31,3° hinten, Rampenwinkel 20,3°, Wendekreis 12,3 m

Anhängelasten:
3500/450 kg (gebremst/ungebremst)

Preise:
ab € 37.790,-- (Modell "Sport Plus")

Preis des Testwagens (Modell "Sahara"):
ab € 40.790,--

Serienausstattung (Auszug):
ABS, Fahrer- und Beifahrer-Airbags, Seitenbags, Bremsassistent, Wegfahrsperre, ESP, vollwertige Reserverad, Unterfahrschutz, Audiosystem mit 6 Lautsprechern und CD/DVD-Laufwerk, DPF, Klima, Lederlenkrad, Tempomat, Zentralverriegelung mit Fernbedienung

Zusatzausstattung des Testwagens
(Modell Sahara):
CD-Wechsler 6-fach, Infinity-Lautsprecher mit Subwoofer, "YES-Essentials"-Sitzpolsterung, Kotflügelverbreitung in Wagenfarbe, Leichtmetallräder in 7,5x18 mit 255/70R18 Reifen, Trittbretter
 

 
Jeep Wrangler Unlimited Sahara
 
 

gelaendewagen.at Test Nr. 54

 





 
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