Die Croatia Trophy hat einen legendären Ruf – als die härteste
Wettfahrt im Gelände. Wer da keinen Dreck an den Stiefeln hat,
der ist nicht richtig dabei gewesen!
Nach der langen Fahrt auf der Autobahn springen wir erleichtert
aus dem Geländewagen. Und fühlen endlich wieder den weichen
Boden des Camps unter den Sohlen. Da stehen schon die Zelte,
über denen die schwarz-weiß-rote Flagge mit dem Adler weht, und
auch die blau-weiße mit dem Stern, die weiß-rot gestreifte, die
schwarz-rot-goldene, die blau-weiß-rote - strahlende,
erwartungsvolle Gesichter, wohin man blickt. Je mehr Wettkämpfer
hier eintreffen, desto tiefer werden die Furchen, die sie im
feuchten Lehm ziehen.
Es hat genug geregnet in den Wochen zuvor - beste Bedingungen
für eine zünftige Trophy! Die Organisatoren haben mit Hilfe des
Forstbetriebs die Strecke durch den Wald festgelegt - streng
geheim, natürlich, das Roadbook-Lesen gehört zum Spiel. Hier ist
nicht der Bleifuß gefragt, sondern Köpfchen!
Den Allradfahrzeugen sieht man den Einfallsreichtum der
Teilnehmer an. Was sich da unterm Blech versteckt, ist nicht
unbedingt das, was draufsteht! Warum heißt das rote Rohrgestell,
das Stefan Pracht auf ein Spider-Trax-Fahrgestell gesetzt
hat, Defender? Kann es sein, dass dem englischen Tuner kein
anderer Name für einen Geländewagen einfiel? Andere setzen auf
Puch, nicht nur das erfahrene Team aus Graz, Walter Friedrich
und Gunther Hohensinner, sondern auch das Team aus Moskau!
Sie sind nicht die einzigen Neueinsteiger, es gibt auch ein paar
Österreicher, die sich zum ersten Mal auf die Trophystrecke
wagen: Michael Trattnig und Bertram Pansy, Thomas
Gruber und Martin Stampfer -beide Teams auf Puch,
natürlich! Man beschnuppert sich und vergleicht die Fahrzeuge.
Die Spannung steigt. Bei der ersten Fahrerbesprechung werden
Lose gezogen, für die Reihenfolge beim Prolog.
Endlich stehen die ersten Fahrzeuge unter dem roten Startbogen.
Es sind die Teilnehmer mit ATV, die stets vor den
Geländewagen starten. Sie haben die kurze, aber anspruchsvolle
Runde durch eine steile Schlucht bald geschafft, mit
Windeneinsatz, um nicht abzustürzen. Nun rollen die ersten
Geländewagen auf die Startlinie, paarweise, und ein paar Meter
nach dem Start entscheidet sich bereits, wer von den beiden
vorne liegt: Der Fahrer, der als erster in den Engpass fährt,
mit Schwung, die gelbe Pfütze wird leer gepresst von den breiten
Reifen. Eine kleine Böschung folgt, dann geht es hinunter in ein
schmales Bachbett und gleich darauf den Steilhang
hinauf. Der vorausschauende Beifahrer ist schon abgesprungen und
zieht das Windenseil so weit wie möglich zu einem
stabilen Baum oben am Hang. Dort wird gewendet, und abwärts
geht's am Seil der Heckwinde.
Wieder wird der Bach durchquert, und die Runde führt nun
nicht zurück durch den Engpass, sondern über die Böschung an
einer Stelle, wo sie gut drei Meter hoch ist und fast senkrecht
abfällt ... kein Problem, mit kreischenden Reifen kommen die
Geländewagen am Ziel zum Stehen. Und Stop! Die kürzeste Zeit
haben die Starter aus Kroatien gebraucht. Aber noch ist
nicht aller Tage Ende!
Es bedeutet lediglich, dass sie am kommenden Morgen als Erste
starten dürfen, zur ersten Etappe in Wertung. Da geht es vom
Start weg durch weites, hügeliges Gelände, bald sind die
Wettkämpfer zwischen den Bäumen verschwunden. Sie treffen sich
alle an einem Steilhang im Wald. Hier sind dreißig
Meter zu erklimmen, die Winden werden heiß. Harald
Seyfried aus Strasshof und Christian Poprask liefern
sich ein packendes Duell. Wer erreicht den oberen Rand des
Abhangs als erster? Harald mit der mechanischen Winde oder
Christian, der zusammen mit seinem Grazer Teampartner
Christoph Krammer einen Mitsubishi mit einer hydraulischen
Ramseywinde ausgestattet hat?
Sie liefern sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Wer hat denn nun die
Schnauze vorn? Kaum zu sagen. Jedenfalls lässt Christian dem
Jeep von Harald die Vorfahrt, als es weitergeht. Da kommt auch
schon das Grazer Team Walter Friedrich und Günter Hohensinner
mit dem grasgrünen Puch, wühlt sich kurz vor dem Waldweg oben am
Steilhang in den weichen Sand ein, und der gewiefte Beifahrer
holt eine Flasche Wasser, um den Windenmotor zu kühlen ... Daher
also der große Getränkevorrat im Heck des Puchs! Hier geht es
nicht um den Durst von Fahrer und Beifahrer!
Thomas Schuker fährt seinen 230 GE weit hoch am Hang,
fast bis zum Weg. Dann springt seine Beifahrerin Jasmin
aus dem Fahrzeug und zieht das Windenseil quer über den Weg. Die
Bäume stehen auf einer Böschung, die zwei Meter hoch senkrecht
über ihr aufragt! "I need help!" schreit sie mit ihrer hellen
Stimme. Ein russischer Journalist beugt den Rücken, ein Gast aus
Israel reicht ihr die Hand, und schon steht sie oben neben dem
Baum. Da drückt jeder mal ein Auge zu. Miteinander, nicht
gegeneinander ist hier die Devise.
Abends im Camp wird der Matsch von den Stiefeln geklopft und aus
den Bremstrommeln gekratzt. Wer den ganzen Tag lang gekämpft hat
wie ein Löwe, hat abends einen Bärenhunger, und wir schnappen
uns unsere Teller und schlendern zum Küchen-Truck. Was
der slowenische Koch da zaubert, kann sich sehen lassen, und in
der internationalen Gesellschaft findet jeder etwas für seinen
Geschmack.
Am nächsten Morgen scheint die Sonne, genau das richtige Wetter
für eine Flussdurchfahrt! Die Vielfalt der Strecke ist
es, die die Croatia Trophy so einmalig macht. Wer schon mal eine
Woche lang jeden Tag durch die gelbe, sandige Wüste fuhr oder
durch einen grünen Tunnel im Regenwald, der weiß das zu
würdigen! Und so freuen sich die Teams schon auf das nächste
Jahr, wo auch eine "Adventure Class" angeboten wird, die
die schwierigsten Stellen umgeht und denen eine Chance bieten
möchte, die ihren Geländewagen nicht völlig umbauen wollen -
aber eine Winde sollte schon montiert sein!