Der Fiat Panda macht sich. Vom „Haushaltsgerät auf Rädern“ (O-Ton
Designer Giorgio Giugiaro) zum „SUV of the Year“ 2012, verliehen vom „Top Gear“ Magazin. Ein Alltagstest.
Der Panda ist klein. Alleinstehend und ohne direkten Vergleich, fällt die Breite von 1,67 Meter durch die ausgewogenen Proportionen kaum auf. Im Test haben wir den
Panda 4X4 1.3 Multijet II 75 Rock zum Listenpreis von
17.590 Euro.
Bei meiner Körpergröße von einsfünfundneunzig habe ich Bedenken im Panda überhaupt Platz zu finden.
Es geht sich tatsächlich aus - man findet auch als Großgewachsener erstaunlich bequem Platz. Zumindest vorne.
Das
Armaturenbrett ist schön gegliedert. Tacho, Drehzahlmesser und dazwischen das kleine Display des Bordcomputers. Rechts vor dem Beifahrer eine in das Armaturenbrett integrierte, nahezu vulgär große Ablagefläche, die anstandslos alles aufnimmt, was man ihr anbietet.
Zwischen Ablage und dem Fahrer-Infocenter befindet sich der Radio mit CD- und MP3-Player. Die 6 Lautsprecher liefern einen guten Klang.
Das
Ambiente gefällt und ist nicht überladen.
Unser Panda 4x4 hat das für 635 Euro Aufpreis erhältliche Lounge Paket. Neben Lederlenkrad und Leder-Schaltknauf, MyPort Navi-Vorbereitung sowie einen USB- und AUX- Anschluss, glänzt das Paket primär durch seine „Blue&Me“- Freisprecheinrichtung. Das iPhone lässt sich intuitiv mit dem System koppeln. Anschließend muss das eigene Telefonbuch übertragen werden, die Daten lassen sich aber jederzeit einfach wieder löschen. Die Sprachqualität selbst ist beeindruckend.
Mutig geworden durch die einfache Kopplung des Telefons, versuche ich auf meine Musik am iPhone zuzugreifen. Vergebens, wie ein Blick in das Handbuch bestätigt. Diese Funktion ist offenbar nicht implementiert. Das verwundert, denn die Musikübertragung via Bluetooth ist keine neue Errungenschaft, und nachdem die Freisprecheinrichtung über das Audiosystem läuft, wären eigentlich alle Voraussetzungen erfüllt. So bleibt nur die unkomfortable Verbindung via Kabel über den AUX-eingang, oder die Nutzung des USB-Steckplatzes. Schade, eine unnötige Schwäche.
Bei der ersten Ausfahrt lädt jede rote Ampel ein, sich mit dem Menü und den Tasten im Cockpit zu beschäftigen. Dabei entdeckt man die Taste für die elektrische
Servolenkung „Dual-Drive“. Ein feines Feature. Bei Aktivierung wird die Lenkung durch einen zugeschalteten Servomotor sehr leichtgängig, und gibt dem Wagen in der Stadt ein Gefühl von Leichtigkeit. Ausgeschaltet fühlt sich die Lenkung wesentlich straffer an. Ein Plus, das auf der Autobahn zum Tragen kommt. Mir gefällt es.
Die erste Ausfahrt führt über die Höhenstraße. Kopfsteinpflaster, kein Verkehr und viele Kurven bei Traumwetter. Herz, was willst du mehr! Ich drehe am Bordcomputer die Anzeige für den momentanen
Verbrauch ab. Wer will sich schon die Stimmung vermiesen lassen? Der Kleine bewegt sich auf Kommando sehr zügig vom Fleck, und hängt mit seinen
75 Diesel-PS sehr brav am Gas. Es macht wirklich Spaß, den Panda durch den Wienerwald zu scheuchen. Allein die Bremsen, bzw. das
ABS überzeugt nicht. Es greift zu früh ein, und vermittelt das Gefühl, dass hier noch der eine oder andere Meter herauszuholen wäre.
Unser Panda ist erfreulicherweise mit dem
City-Notbremsassistenten ausgestattet (Aufpreis: lohnende 317,50 Euro). Nur wie verschafft man sich einen Eindruck davon, ohne dem Vordermann das Heck zu verformen, sollte man dem System zu viel zuzutrauen? Ich beobachte den Bremsdruck im Stop-and-Go-Verkehr. Tatsächlich: der „Assistent“ erhöht selbständig den Druck, wenn der Abstand zum Vordermann zu gering wird. Die Erkennung klappt, und vermittelt glaubhaft, auch im Notfall zur Seite zu stehen.
Fiat gibt für den Panda 4X4 1.3 Multijet II 75 Rock in der Stadt einen Durchschnittsverbrauch von 5 Liter an. Ich bewege mich durch den Stadtverkehr und überlege, ob das für einen Kleinwagen mit Allradantrieb eigentlich viel oder wenig ist.
Start/Stop-Automatik ist eingeschaltet, der ECO-Modus ebenfalls, und ich richte mich an die Hinweise am Display, wann der Gang gewechselt werden soll. Bergab wird mit eingelegtem Gang gerollt, damit der Motor über die Schubabschaltung wirklich keinen Tropfen Sprit verbraucht. Nach rund 20 Kilometern vorausschauender Fahrweise stehen dann tatsächlich nur
3,9 Liter Verbrauch auf der Anzeige.
Wohlgemerkt: Wenn man in Spritsparorgien keinen Lebenszweck sieht, macht das so aber keinen Spaß. Also noch einmal die Verbrauchsanzeige im Boardcomputer auf Null gestellt und mit dem Verkehr mitschwimmend weitere 20 Kilometer testen. Da die Start/Stopp-Automatik wirklich perfekt funktioniert, bleibt sie eingeschaltet, und auch der ECO-Modus zeigt in der Stadt keine Nachteile. Obwohl ich jetzt nicht mehr aufs Spritsparen achte, und öfter mal auch die kleinen Steigungen in Wien überwunden habe, hat sich der
Verbrauch bei 5,5 Liter eingependelt.
Das sind zwar 10 Prozent mehr als angegeben, dafür hat das Fahren Spaß gemacht. Dazu war der Anteil an Bergauffahrten sicher höher als üblich.
Bei deiser Übung zeigte sich leider auch, dass der Wagen bei flott gefahrenen engen Kurven dazu neigt, plötzlich über die Vorderachse zu schieben. Davon sollte man sich besser nicht überraschen lassen, denn so plötzlich wie der Wagen aus der Spur schiebt, so träge ist der dann auch beim Einfangen.
Außerstädtisch soll der Verbrauch laut Werksangabe bei 4,6 Liter liegen. Auch das will ich mir ansehen und dabei die
Langstreckentauglichkeit prüfen.
Dual-Drive per Tastendruck deaktiviert, und zügig in den fünften Gang geschaltet. Der Wagen erreicht flott die Reisegeschwindigkeit, und schwimmt ohne Probleme mit der Masse mit.
Die
Abstufung der Gänge ist sehr gut gewählt, man hat nicht das Gefühl hinsichtlich der Leistung zu verhungern. Das gilt aber nur bis etwa Tempo 140. Danach wird es etwas zäh, und bei knapp unter
160 ist dann wirklich Schluss. Für dieses Tempo ist der Panda aber auch nicht gedacht.
Am Ziel angekommen wird deutlich: Bequem reisen ist anders. Was in der Stadt ohne Probleme geht, zeigt Schwächen auf längeren Strecken. Der Sitz des Panda hat nur eine relativ kurze Sitzfläche, und die Einstellmöglichkeiten sind trotz der im Lounge-Paket enthaltenen Sitzhöhenverstellung nur begrenzt. Fahrer ab etwa 1,90 finden kaum eine entspannte Langstreckenposition. Da dem Wagen ein Tempomat fehlt, muss auch permanent der Fuß am Gas bleiben, und genau der findet keine entspannte Haltung.
Beine vertreten, Eis essen, und zurück nach Wien.
Vor der Rückfahrt, wollen wir uns noch kurz auf die
Rückbank setzen. Der Einstieg durch die hintere Türe ist bei über 180 Zentimetern Körpergröße schon schwierig. Auf dem Sitz selbst ist ein aufrechtes Sitzen unmöglich. Die Rückbank ist also nur für Kinder, und kleine Leute geeignet.
Der Rückweg selber verläuft ohne besondere neue Erkenntnisse, der Verbrauch liegt bei 5,5 Liter. Über ein Liter mehr als angegeben. Das überrascht ein wenig.
Am nächsten Tag herrscht endlich schönes Wetter, ab in die Weinberge, wo endlich der
Allrad angetastet werden kann. Der Weg hinauf in den Wald ist sehr steil, und ohne Allrad kaum zu bewältigen. Der Panda zeigt hier, wofür er gemacht wurde. Selbst am steilsten Stück ist ein entspanntes Losfahren möglich. Hier spielt nicht nur der Allradantrieb seine Stärke aus. Auch die
Berganfahrhilfe kommt hier hilfreich zur Anwendung. Die Bremse bleibt etwa zwei Sekunden lang gehalten, wenn man vom Bremspedal geht. Dadurch wird der Wagen auf der Stelle gehalten. Man kann ohne Hektik beim Anfahren am Berg einkuppeln.
Am Ziel in den Weinbergen angekommen spürt man förmlich, dass der Wagen genau hier her gehört.
Der Panda 4x4 ist ein City-Flitzer, mit dem man aber auch entspannt in sein Sommerhaus in den Hügeln rund um Wien kommt.
Fazit: Der Panda ist ein sehr übersichtliches Stadt-Auto mit gutem Handling. Fahrer und Beifahrer finden mehr als ausreichend Platz. Passagiere im Heck dürfen keinen besonderen Komfort erwarten und sollten keinesfalls zu groß sein. Die Fahreigenschaften in der Stadt sind sehr zufriedenstellend, auch auf mittleren Strecken kann man sich im Panda wohlfühlen, lange Autobahnfahrten machen aber keine Freude.
Der Verbrauch ist in der Stadt zeitgemäß, über Land scheinen mehr als 5 Liter aber etwas zu viel. Das Allradmodell gönnt sich dabei etwas mehr als einen Liter extra gegenüber den rein frontgetriebenen Pandas mit gleichem Motor.
Wer einen Kleinwagen für die Großstadt sucht, mit dem man im leichten bis mittleren Gelände unterwegs sein kann, dem sei der neue Panda 4x4 ernsthaft ans Herz gelegt.