Abenteuer und Events

Land Rover Experience Tour Australien

Get up and down under

20 Tage. 3.615 Kilometer. 100 % Abenteuer. Alexander Seger hat die Land Rover Experience Tour durch Australien begleitet.
28.02.2016
Fotos erster Teil zur Land Rover Experience Australien 2015
Fotos dritter Teil zur Land Rover Experience Australien 2015

Frau Zollinspektors routiniert prüfender Blick wandert von Stefans Kofferinhalt zu seinen Schuhen, und ihr professionelles Dienstleisterlächeln gefriert in der Sekunde. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit hat sie von Schruns noch nie etwas gehört, aber ein Teil des Montafons klebt unübersehbar an Stefans Tretern. "Mit diesen Schuhen kommst du hier nicht rein" sagt ihr Gesicht bereits deutlich, noch bevor sie das Putzen auch akustisch gut vernehmbar anordnet.

Australien ist halt recht heikel, wenn es um das Einschleppen fremder Pflanzen oder Tiere geht. Obst, Gemüse, Holz oder Bodenkrume stehen auf der Sperrliste, um die einheimische Flora und Fauna bestmöglich zu schützen. Das macht natürlich auch die Einfuhr von Kraftfahrzeugen zu einer Tortur. Vor allem dann, wenn es sich um geländegängiges Material handelt, das bereits zweckentsprechend eingesetzt wurde. Nach menschlichem Ermessen unmöglich wird das Vorhaben, wenn der Ausritt ins Unterholz auf den Latifundien von Eastnor Castle in den British Midlands stattgefunden hat, denn den ebendort in rauen Massen vorkommenden grauen Schlamm aus jeder Ritze von Unterboden und Radhäusern zu kratzen, von jedem Schlauch im Motorraum zu reiben und hinter den Stoßstangen herauszuwischen ist eine Arbeit, die an den Korintherkönig Sisyphos erinnert.

Und jetzt dürfen Sie raten, wo jene Discoverys herkommen, die bei der Land Rover Experience Tour 2015 als Supportfahrzeuge eingesetzt wurden. Selbst nach vier Tagen Putzdienst bei 40 Grad im Schatten (zumindest unter dem Auto ist selbiger zu finden) und subtropischer Luftfeuchtigkeit musste ein Herr im Anzug auftauchen, um der unerbittlichen, mit langen Wattestäbchen bewaffneten Seuchenkontrollbehördenfrau in den Docks von Darwin eindringlich zu erklären, dass die Autos jetzt aber wirklich sauber sind, und ihr trotziges "Aber …" im Keim zu ersticken.

Land Rover Experience Tour oder kurz LET, das bedeutet: In Deutschland treten 30.000 Kandidaten in Auswahlcamps an, um mit einer möglichst schlüssigen Kombination aus Fahrgeschicklichkeit, Fachwissen und Teamspirit eines der sechs Tickets für die im zweijährigen Rhythmus abgehaltene Tour zu erlangen. Die Erfolgschancen ist Österreich waren da ungleich besser – aus rund 700 Bewerbern wurden der Kitzbüheler Sportlehrer Konrad Herbert und der Wiener Bauunternehmer Peter Huber selektiert, die rot-weiß-roten Farben auf der anderen Seite des Erdballes zu vertreten. Weitere Teilnehmer aus Italien, Spanien, Frankreich, den Niederlanden, Belgien sowie Indien und China rundeten das internationale Teilnehmerfeld ab.

Zwölf Discovery Sport, dem Zielland Australien geschuldet als Rechtslenker-Ausführung geordert, durften zwischen den Monsunwäldern im Norden des Kontinents und dem sagenhaften Uluru im Zentrum des Landes beweisen, dass sie mehr sind als nur schicke Innenstadt-Försterautos. Spezielle Offroadpassagen musste das Team von Expeditionsleiter Dag Rogge nicht einbauen, denn das Straßennetz in down under ist ohnehin herausfordernd. Von tiefem Pulversand über felsige Bachbetten, die nur in der Regenzeit geflutet werden (dann aber ordentlich!), von Furten mit einer Wassertiefe hart an der Wattauglichkeit des Discovery Sport bis hin zu Schlagloch-gespickten Schotterstraßen – das Northern Territory bietet serienmäßig ein weites Spektrum an Testmöglichkeiten für fahrzeugtechnische und menschliche Allradkompetenz und empfiehlt sich somit als Urlaubsdestination für ehrliche Offroad-Aficionados.

Wenn du allerdings einmal im Land bist, wird der Umweltschutz allerdings nicht mehr so vorbildlich inszeniert wie am Flughafen. Gebäude und Verkehrsmittel werden beispielsweise nach Unsitte der USA mit hohem Energieeinsatz auf Temperaturen heruntergekühlt, die zusätzliche Kleidungsschichten verlangen. Sortenreine Abfallsammlung ist für weite Teile des Landes nicht einmal ein Fremdwort. Und wenn im Outback ein Auto liegenbleibt, werden alle verwertbaren Trümmer abgeschraubt – zuerst vom ursprünglichen Besitzer, später dann von jenen, die in den nächsten Tagen und Wochen des Weges kommen. Irgendein enttäuschter Teilesammler zündet das Auto an, wenn selbst an der Unterseite keine brauchbaren spare parts mehr verfügbar sind, und das, was am Ende des Barbies (australisch für "Grillerei") übrig bleibt, steht die nächsten Jahrzehnte einfach so in der Gegend herum.

Auch die Land Rover Flotte kam nicht ganz ohne Schrammen am Ziel an – die Schuld für den Abgang diverser Fahrzeugteile (Spiegelkappen, ganze Spiegel, Radhaus-Verkleidungen, Schwellerblenden, Kennzeichentafeln, …) war jedoch niemals konstruktiv bedingt, sondern stets hinter dem Lenkrad zu verorten (wobei sich nicht die glücklichen Gewinner, sondern die mitreisenden Berichterstatter als Schadensurheber in den Vordergrund drängten). Merke: Wer mit Sonnenbrille, Siegerlächeln und Tom-Cruise-Selbstvertrauen einen Termitenhügel als lästige Kippstange betrachtet, findet sich flugs als Passagier auf der Rückbank wieder.

Auch eine unpassende Wahl des Fahrstils und der im Terrain Response wählbaren Fahrmodi wird im Outback umgehend bestraft: Dem Team der Großen Nation gefiel es beispielsweise, unabhängig vom Untergrund durchgehend im Sandmodus zu fahren, die Automatik natürlich auf S (nein, das steht nicht für "Südhalbkugel"), und dazu das Gaspedal im Digitalmodus zu bedienen – mit dem zweifelhaften Erfolg, schlanke 170 km vor dem geplanten Tankstopp auszurollen und ebendort ähnlich mobil zu sein wie das Team aus China, das sich vorzugsweise mehrmals täglich im Sand einbuddelte und dann mit einer Drohne die Bemühungen der Supportcrew, das versunkene Auto wieder flott zu machen, filmte. Last, but not least: Wer right hand drive nicht gewohnt ist, neigt leider dazu, zu weit links zu fahren und sich dadurch die Seitenflanken der tapferen Contis an den spitzen, scharfkantigen Steinen aufzureißen.

Drei Wochen nach der Abfahrt in Nhulunbuy tauchen die roten Felsen der Olgas am Horizont auf. Aus dem Funkgerät dröhnt "An Tagen wie diesen", während der Straßenbelag die Farbe wechselt. Ende Gelände, zurück in der Zivilisation. Nur alle fünf Tage duschen? Stoffwechsel hinter dem nächsten Gebüsch? Vergessen sind alle Strapazen und Entbehrungen der letzten Tage. Teilnehmer, Journalisten und Supportcrew tun, was der Song der Toten Hosen befiehlt: "Ich wart seit Wochen auf diesen Tag, und tanz vor Freude über den Asphalt".
Champagner zum Sonnenuntergang. Atemberaubende Aussicht auf den weltberühmten Felsen, der wie rotglühendes Eisen leuchtet, bevor er im Tiefschwarz der Nacht versinkt. Abschlussdinner unter dem funkelnden Sternenhimmel. Morgen geht der Flieger nach Hause, aber heute klingt uns noch der Refrain der Hosen im Ohr: "In dieser Nacht der Nächte, die uns so viel verspricht, erleben wir das Beste, kein Ende ist in Sicht."

Fotos und Text: Ing. Alexander Seger


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