Testberichte
Mitsubishi Pajero
Finale Ausfahrt
Bald ist Schluss, wie schade. Der Mitsubishi Pajero geht nach 37 erfolgreichen Jahren in Pension. Wir durften die "Final Edition" noch einmal ausgiebig Probe fahren.
18.03.2018


Auch wenn es auf unseren Bildern anders ausschaut: Das Leben ist kein Ponyhof. Auch nicht für den Mitsubishi Pajero. Denn dessen Lebenszyklus geht 2018 leider zu Ende. Nach 37 Jahren, in denen sich das Fahrzeug einen beachtlichen Ruf als leistungsstarker und - zumindest in den Anfangsjahren - erschwinglicher Offroader erarbeitet hat. Unter anderem - von Mitsubishi viel- und gernzitiert - 12 Siege bei der Rallye Dakar eingefahren hat.

Aushängeschild Nummer 1
Der Pajero war lange das Konzern-Aushängeschild Nummer 1, das belegen auch die aktuellen heimischen Daten: Mit Stand Ende 2017 befuhren rund 53.700 Mitsubishis Österreichs Straßen, davon nicht weniger als 9.500 Pajeros (wobei die häufiger abseits befestigter Straßen unterwegs waren)...

Interessantes Detail, am Rande: Von der ersten Serie des Pajero, dem legendären L040 bzw. L043, sind es immer noch rund 600.

Jetzt, im Jahr 2018 und in Zeiten EU-diktierter Flotten-Emissionen, hat der Pajero im Produkt-Portfolio der drei Diamanten endgültig seinen Platz verloren. Noch jetzt im Frühjahr läuft die Produktion endgültig aus. Eine letzte Chance gibt es noch, sich einen Wagen zu sichern: Bei den heimischen Händlern stehen aktuell noch rund 150 Fahrzeuge zum Verkauf - mit kurzem oder langem Radstand.

Die "Final Edition"
Wenige, ganz wenige und ausgewählte Auto-Redaktionen dürfen sich vom heimischen Importeur noch eine "Final Edition" zum Testen abholen. Wir waren die Erste ... und in unserem Element, eh klar.

Haben den langen "Wagon" aus Rücksicht auf unsere Test-Nachfolger nicht durch gröbstes Gelände gejagt, sondern: Genau. Zum Ponyhof geführt. Genauer gesagt: Zum Maria Lanzendorfer Gut Kanzelhof. Zu einem Foto-Shooting, bei dem der Pajero noch ein wenig Schlamm unter die Räder bekam, seine überragenden Fähigkeiten als Zugfahrzeug unter Beweis stellen und sich generell noch einmal als perfektes Freizeitmobil präsentieren durfte.

Die Erkenntnisse? Wir werden viel, ziemlich viel vermissen...

Was werden wir vermissen?
Den bärigen, 3,2 Liter großen Vierzylinder, der in seiner letzten Ausbaustufe stolze 190 PS leistet und 441 Nm Drehmoment entwickelt. Das Automatikgetriebe, dessen fünf Stufen für ein derartiges Fahrzeug bei weitem ausreichen. Nie hat man das Gefühl, 7, 8 oder gar 9 Stufen zu brauchen.

Die im Gelände großartige Sitzposition hoch über Lenkrad und Armaturenbrett. Sie sorgt für eine gute Rundumsicht, auch wenn das Auto als Fünftürer ziemlich lang ist.

Manchmal zickig, dennoch genial. Der Allradantrieb.
Den "Super Select"-Allradantrieb. Auch wenn der - wie schon in den vergangenen Jahr(zehnt)en - manchmals ein bisschen zickt. Weil's manchmal bis zu 20 Sekunden dauert, bis er von Heck- auf Allradantrieb umgeschaltet hat. Und weil er, im Unterschied zu moderneren Systemen, noch ein bisschen Mitdenken des Fahrers fordert.

Hat man es einmal kapiert, ist das System genial. Auf befestigter Straße fährt man spritschonend mit Heckantrieb. Zum Beispiel beim Reversieren mit dem Hänger auf schlüpfrigem Untergrund ist die zugeschaltete Vorderachse bei offenem Mitteldifferenzial ein Segen.

Wird das Gelände rescher, sperrt man das Mitteldifferenzial und teilt so je 50 Prozent der Antriebskraft der Vorder- und der Hinterachse zu.

Für richtig böses Gelände bietet der Pajero schließlich auch eine Geländeuntersetzung. Die ist mit einem Untersetzungsverhältnis von 1,9:1 zwar nicht wirklich sehr kurz, aber dank des Automatikgetriebes ist das nicht wirklich ein Problem.

Last, not least: Eine zu 100 Prozent wirkende Differenzialsperre an der Hinterachse hat der Pajero schließlich auch noch an Bord. Montierte man jetzt auch noch etwas gröbere Gummis an die Felgen, hätte man mit dem Pajero einen wirklich, wirklich guten Offroader.

Was werden wir noch vermissen? Die funktionale, zum Teil auch (je nach Austattungslinie) durchaus luxuriöse Innenausstattung zum Beispiel. Deren Bedienungselemente - und das ist angesichts der seit Längerem nicht mehr erfolgten Weiterentwicklung des Wagens kein Wunder - ansatzweise schon ein wenig antiquiert wirken. Das schränkt den Komfort für die Passagiere in keiner Weise ein - und macht den Pajero noch ein Stückchen sympathischer in der Hightech-Welt des 21. Jahrhunderts.

Wehmütig?
Denen, die jetzt ein bisschen wehmütig werden ob des bevorstehenden Produktionsschlusses des Pajero, sei gesagt:

Erstens - siehe oben: 150 Autos gibt's ja noch in Österreich. In drei unterschiedlichen Konfigurationen zu entsprechend unterschiedlichen Preisen ab € 35.990 für die 3-türige "Austria Edition" bis hin zu € 65.990 für den topausgestatteten 5-Türer.

Und zweitens: Die Gene des Klassikers leben weiter. Im Pickup L200, der im Wesentlichen auf dem Pajero basiert, den gleichen Motor und die gleiche Allradtechnik bietet. Und dank seiner individuell gestaltbaren Ladefläche vielleicht sogar noch ein wenig praktischer ist als der Pajero, wie wir ihn kennen- und liebengelernt haben.

Und in Zukunft?
Wenn Sie noch ein bisschen warten können: In ein paar Jahren (aktuell spricht man von 2022) wird es wieder ein Fahrzeug namens Pajero geben. Das wird Mitsubishi gemeinsam mit Renault und Nissan bauen. Ob der Zukunfts-Pajero dann noch viel vom genialen Genmaterial seines Ahnen mit sich tragen wird, ist aber fraglich.




Fotos: GELAENDEWAGEN.AT
Text: GELAENDEWAGEN.AT /Michael Kubicek


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